Gaia-Percussion

Reisen

Ghana 2012

Planung ˡ KASAPA ˡ Nordtour

6.8. ˡ 7.8. ˡ 8.8. ˡ 9.8. ˡ 10.8. ˡ 11.8. ˡ 12.8. ˡ 13.8. ˡ 14.8. ˡ 15.8. ˡ 16.8. ˡ 17.8. ˡ 18.8. ˡ 19.8. ˡ 20.8. ˡ 21.8. ˡ 22.8.

Die Hand greift nach dem, was das Auge gesehen hat.
ghanaisches Sprichwort

7.8.2012
Nach dem Frühstück warten wir afrikanische 5 Minuten auf unser Wolferl, können dann aber, nachdem alles bezahlt ist, bald losfahren. Nach ca. 20 Minuten beginnt unser Bus sehr eigenartige Geräusche zu machen, was uns eine Zwangspause verschafft. Zum launesteigernden Zeitvertreib schicken wir eine SMS an Jürgen, den KFZ-Werkstattleiter unseres Vertrauens zu Hause: Hilfe! Wir haben mitten im Dschungel eine Autopanne in der Nähe vom Busumtwisee. Schick doch mal deinen Werkstattmeister vorbei. ;) Gruß Ilka und Ines
Nach etwa 45 Minuten kommt ein junger Mann mit Werkzeug per Taxi. Er macht uns Hoffnung, dass es vielleicht nur ein kleines Problem sein könnte. Für die genaue Diagnose braucht er gemeinsam mit Bismark eine halbe Stunde: Die Wasserpumpe ist kaputt. Deshalb war der Bus gestern auch so heiß. Zum Glück funktioniert das Handy-Netz, so dass Bismark ein Ersatzteil bestellen kann.
Dann kommt der Meister persönlich. Er trägt eine Jacke mit der (deutschen) Rückenaufschrift: "Das Team vom Fach, vom Keller bis zum Dach!" Ob er wohl wirklich vom richtigen Fach ist? Auf jeden Fall sichert er den Bus an mehreren Stellen mit einigen Stämmen ab, bevor er sich drunter legt. Das macht doch schon mal einen guten Eindruck. Auch an Kreativität mangelt es nicht. Als ein Schraubenschlüssel in der richtigen Größe fehlt, wird einfach ein Rohr flach geschlagen, bis es passt.
Diese Tour wird für Abdallah sicher die letzte sein. Da wird er noch mal auf eine ganz schön harte Probe gestellt. Er wird vielleicht froh sein, wenn er den Job an den Nagel hängen und endlich in Ruhe König sein kann.
Nach insgesamt 2 1/2 Stunden kommt unser Prinz mit dem Taxi. Er war schon an unserer nächsten Station, die sich mitten in einem riesigen Funkloch befindet und hatte deshalb gar nicht gleich mitgekriegt, dass wir ein Problem haben. Er lädt uns ins Taxi ein, während Bismark beim Bus bleibt und sich um die Reparatur kümmert.
Nächster Halt ist an einem äußerst unwirtlichen Platz, an dem einige Frauen Palmöl herstellen. Abdallah erklärt uns genau, dass die beiden verschiedenen Arten - das rote und das schwarze Öl - entweder aus den Früchten oder aus den Samen entstehen. Er zeigt uns die einzelnen Arbeitsschritte Zuerst werden die Kerne geknackt, um die Samen von ihren Hülsen zu trennen. Unter Bedingungen, die für uns unzumutbar scheinen, werden sie dann in großen Kesseln geröstet und gekocht. Der Rauch brennt in den Augen und ist auch vom Geruch her kaum zu ertragen. Die Frauen, die hier arbeiten, haben selbst keine Schulbildung. Sie kommen aus dem Norden und verdienen hier Geld, um ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen.
Die meisten Kinder sind aber erst einmal mit hier - und je kleiner sie sind, desto mehr könnte man sie sofort ins Herz schließen mit ihren großen braunen Augen und dem weiten fragenden Blick. Dafür, dass wir alles fotografieren dürfen, gibt Wolfgang den Frauen ein großzügiges Trinkgeld und wir fahren weiter zum Schrein einer Fetischpriesterin, die in einem Krieg Anfang des 20. Jahrhunderts den Ashanti zum Sieg verholfen hat. Ein alter gebrechlicher aber total faszinierender Mann behütet die heilige Stätte.
Als wir eintreten, fallen uns sofort die wunderbar alten Trommeln auf. Die erste Handlung unseres Prinzen ist es, sie anzuschlagen. Es ist kein wirklich schöner Trommelrhythmus - spontan wundern wir uns, ob er das nicht besser kann - die Auflösung folgt sofort: dies sind die königlichen Nachrichtentrommeln - die "Real Talking Drums", die nur von Mitgliedern der königlichen Familie geschlagen werden dürfen. Und er hat gerade der Umgebung mitgeteilt, dass er nach langer Zeit wieder vor Ort ist und Gäste mitgebracht hat.
Dann erklärt er uns die Bedeutung der einzelnen Symbole und rituellen Gegenstände, lässt uns wie auch bei den bisherigen Stätten die Möglichkeit, alles in Ruhe anzusehen und zu fotografieren. Besonders interessant sind einige Schildkröten (Zeichen der Ashanti), die hier leben und vom geistigen Hüter gefüttert werden. Der steht plötzlich mit dem Bastrock für rituelle Tänze vor uns und freut sich auch daran, sich mit uns fotografieren zu lassen. Natürlich gibt es zusätzlich zur normalen Bezahlung ein reichliches Trinkgeld dafür und Prince Abdallah erzählt uns, dass er immer froh ist, wenn er Touristen hier her bringen kann, weil das Geld dringend für Reparaturen und Renovierungen im Schrein gebraucht wird. Diese offene Ehrlichkeit, das Wissen um die Notwendigkeit der Bewahrung einer solchen Stätte und sein Interesse an diesen Dingen gefällt uns sehr. Bei den umliegenden Straßenhändlern kaufen wir Wasser und geröstete Erdnüsse, dann geht es weiter zum Bobiri-Forest. Hier freuen wir uns auf 400 verschiedene Schmetterlingsarten; aber Paul, unser Guide, erklärt uns als erstes, dass die Schmetterlinge diesen bedeckten Himmel und die hohe Luftfeuchtigkeit nicht mögen, wir deshalb sicher nur wenige sehen werden. Er entschädigt uns aber mit einer tollen Führung durch den Wald.
Der Weg, dem wir folgen, heißt "Drei-Schwestern-Pfad". Er wurde benannt nach einem Baum, dem aus einer Wurzel drei Stämme entwachsen. Besonders interessant sind die vielen großartigen Bäume mit gewaltigen Wurzeln, in denen sich sogar die Tiere manchmal verstecken. Zu vielen Pflanzen erklärt er uns die medizinischen Anwendungsmöglichkeiten. Schade, dass es die bei uns zu Hause nicht gibt --> es reicht von Malariaprophylaxe und -behandlung über Viagraersatz (Wolfgang kriegt gleich ein großes Stück zum Mitnehmen), Mittel gegen Bluthochdruck, Diarrhöe, Verstopfung und für eine leichte Geburt. Die Früchte eines speziellen Baumes schmecken den Affen des Waldes so gut, dass sie es sich morgens und abends hier gut gehen lassen. Deshalb heißt der Cola-Affen-Baum. Auf dem Boden sind jede Menge Samen verstreut, aus denen schon mehrere Keimlinge sprießen.
Es gibt schnell und langsam wachsende Weich- und Hartholzbäume. Einen zeigt er uns, dessen extrem hartes Holz laut widerhallt, wenn man dagegen schlägt. Dies ist eine Möglichkeit auf sich aufmerksam zu machen, wenn man sich verirrt hat oder andere Hilfe braucht. Paul nennt diesen Baum scherzhaft "Forest-Nokia". Am besten gefällt uns die Geschichte einer Liane. Wir sich hiervon ein Stück holt, kann wohl Unglaubliches erreichen und leisten, aber es gibt dafür viele Regeln zu beachten. Zum ersten sollte man nicht nachmittags kommen. Da wirft sie einen kreisrunden Schatten, der demjenigen, der hinein tritt, eine schlimme Krankheit und baldigen Tod beschert. Man sollte morgens oder abends kommen, dem Baum eine Spende von 3 Eiern zwischen die Wurzeln legen und Schnaps darüber gießen, dann könne man sich ein kleines Stück nehmen (wer zu viel nimmt, verliert den Verstand) und die Stelle verlassen. Auf dem Rückweg dürfe man sich aber auf gar keinen Fall umdrehen, weil man sich sonst im Busch verlaufen und nie wieder hinaus finden würde. Selbst wenn jemand käme, um denjenigen zu suchen, würde ihm dies nicht gelingen, weil er ihn nicht wahrnehmen könne. Sollte man aber alle Regeln genau befolgen, so könnte man mit einem Stück der Liane den Menschen Glück und Heilung bringen und würde selbst ein langes und glückliches Leben führen. Da wir die Stelle ausgerechnet zur Nachmittagszeit erreichen, halten wir respektvollen Sicherheitsabstand (da die Sonne sich hinter den Wolken versteckt, gibt es aber zum Glück auch keinen gefährlichen Schatten) und bekommen die beruhigende Auskunft, dass wir uns ruhig umdrehen dürften, weil wir ja nichts von der Liane mitgenommen hätten. Das ist wichtig, denn es fliegt gerade ein wunderbarer blau-schwarz-gemusterter Schmetterling in deren Richtung, der es aber nicht wert gewesen wäre, für die nächsten Jahre durch den Busch zu irren.
Direkt vor dem Guest-House sind einige typisch afrikanische blühende Pflanzen angebaut worden, die die Schmetterlinge anlocken sollen. Tatsächlich können wir einige Exemplare beobachten, die aber so schnell umher flattern dass wir nur schwer fotografieren können. Außerdem wird gerade ein Haus gebaut, in dem die Schmetterlinge bald unabhängig von der Witterung beobachtet werden können. Es war eine sehr interessante Tour, an deren Ende ich leider feststelle, dass die Sohlen meiner guten Wanderschuhe kaputt sind. Ich hoffe, dass sie noch ein bisschen durchhalten.
Abdallah hat unterwegs Früchte gekauft, die wir jetzt als kleine Stärkung kredenzt kriegen. Gegen 18.30 Uhr, gerade als wir unsere Taschenlampen anknipsen wollen, geht der Generator an und die Lampen leuchten. Die Küche wird extra für unser Abendessen in Gang gesetzt - es gibt Reis mit Hühnchen und Soße. Wenig später fängt es an zu regnen; wir sitzen auf einer Terrasse gemütlich beim abendlichen Bier im Trocknen.
Irgendwann kommt Prince Abdallah zu uns und erzählt uns wahnsinnig interessante Dinge über das Leben als Sohn des King, seine Familie, seine Insignien und seine Vorstellung von Gott. Gott ist für ihn die Luft, der Atem - und auf keinen Fall eine Figur. So wie du die Luft, den Wind nicht siehst, kannst du auch Gott nicht sehen. Der Wind bewegt die Wolken, aus denen der Regen fällt, der die Pflanzen wachsen lässt, die das Leben der Menschen und Tiere bedingen. Das Wasser dringt dann in die Erde ein und tiefer in die Lehm-, Gesteins- und Metallschichten. Wenn ein Baby auf die Welt kommt, zählt man die 5 Finger einer Hand ab, dann beginnt es zu atmen und damit beginnt sein Leben; es verbindet sich durch den Atem mit der Welt.
Abdallahs Vater wurde 1905 geboren und lebte 100 Jahre. Er hatte 33 Frauen und mit denen 149 Kinder. 5 Tage, nachdem Abdallah geboren worden war, kam ein Hellseher (Future-Teller) zum König und fragte, ob ihm ein Kind geboren worden und ob dies ein Junge sei. Als der Vater das alles bejahte, verlangte er, den Sohn zu sehen und erkannte in ihm die Seele seines Vaters. Deshalb trägt Abdallah auf jeder Wange drei schmale senkrechte Narben als äußeres Zeichen der Königswürde. An seinem 25. Geburtstag wurde er mit den Insignien ausgestattet und zum offiziellen Nachfolger des Königs erklärt. Seitdem trägt er einen goldenen Armreif mit dem Körper eines liegenden Löwen, weil dies das Zeichen seiner Familie ist. Als sein Vater 2005 starb, fühlte er sich noch nicht reif genug für die Position, wollte erst noch Lebenserfahrung sammeln. Deshalb übernahm zunächst ein Onkel den Posten. Nachdem dieser zu Beginn dieses Jahres verstarb, wird Abdallah nun bald König werden.
Wir können gar nicht genug von seinen Erzählungen bekommen; er strahlt eine unglaubliche Kraft und Weisheit aus. Als der Generator abgestellt wird, bekommen wir eine Lampe auf den Tisch, die viele interessante Insekten anlockt. Ein schwarzer Schmetterling, der nur nachts fliegt, umflattert den Prinzen (wir hatten uns vorhin während der Führung noch amüsiert, dass man den doch nachts gar nicht sehen könne). Er greift nach ihm, hat ihn auch prompt gefangen und lässt ihn schnell weiter nach draußen fliegen. Über unseren Tisch krabbelt eine Art Riesengrashüpfer mit unglaublich langen Fühlern. Ein Tier, das entfernt einer Biene ähnelt, aber einen extrem langen Unterleib hat, verirrt sich in der Pfütze, die unsere Bierflaschen auf dem Tisch hinterlassen haben. Irgendwann gibt die Batterie unserer Lampe auf - das Zeichen für uns, ins Bett zu gehen. Nachts schleicht sich eine Kakerlake in Inis Mückenzelt, die wir gemeinsam heldenhaft erlegen.
 
zum 8.8.

nach oben


 

© Gaia-Percussion
Texte und Fotos unterliegen dem Copyright der Gaia-Percussion und dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Copyright-Inhabers an anderer Stelle verwendet werden.
Der Inhalt aller hier verlinkten Internet-Seiten und weiterführender Links liegt außerhalb unserer Kontrolle; wir übernehmen dafür keine Verantwortung.