Gaia-Percussion

Reisen

Ghana 2012

Planung ˡ KASAPA ˡ Nordtour

6.8. ˡ 7.8. ˡ 8.8. ˡ 9.8. ˡ 10.8. ˡ 11.8. ˡ 12.8. ˡ 13.8. ˡ 14.8. ˡ 15.8. ˡ 16.8. ˡ 17.8. ˡ 18.8. ˡ 19.8. ˡ 20.8. ˡ 21.8. ˡ 22.8.

Wer auf einen Baum klettern will, fängt unten an, nicht oben.
ghanaisches Sprichwort

19.8.2012
Nachdem es irgendwann ruhiger geworden ist, habe ich die Ohrenstöpsel entfernt; das war nicht die beste Entscheidung, denn gegen 4 beginnen die Rufer in der nahe gelegenen Moschee. Es gab schon Orte, an denen wir dies als sehr schön empfanden. Aber hier ist es ein einziges Geschrei - immer dasselbe, und wir haben das Gefühl, dass die Schreier bei jeder Wiederholung versuchen, noch ein bisschen lauter zu brüllen (vielleicht hätte man ihnen sagen sollen, dass sie eine Verstärkeranlage haben???). Als um 6 dann noch Baumfällaktionen vor unserem Fenster beginnen, sind wir froh, zeitig aufstehen zu dürfen. Jetzt sitzen wir hier auf gepackten Koffern vor dem Hotel, warten auf Abdallah und lassen das Moscheengeschrei weiter über uns ergehen. Es ist inzwischen wenigstens eine tiefe Männerstimme hinzu gekommen, die angenehm klingt. wir stellen uns vor, dass die beiden anderen vielleicht Lehrlinge sein könnten, die sich im Geschrei gegenseitig zu übertrumpfen versuchen.
Plötzlich taucht Orlando auf, von dem wir uns doch gestern schon verabschiedet hatten. Er hält mir sein Handy ans Ohr und Abdallah erzählt mir, dass es große Probleme mit dem Bus gibt. Keiner weiß, ob und wann einer fährt; es gibt keine Tickets zu kaufen; es muss ein Riesentheater sein. Über 400 Reisewillige stehen dort vor verschlossenen Türen und es ist weder Bus noch Fahrer zu sehen.
Also bringt uns Orlando zum International Travellers Inn; hier bekommen wir ein richtig gutes Frühstück und dürfen dabei sogar Sonderwünsche äußern. Als Abdallah auftaucht, spricht er von "disaster" und "totally destruction". Aber - so, wie er ist und wie wir ihn inzwischen kennen, hat er natürlich schon einen Plan B parat. Wir fahren erst einmal mit einem Trotro (Kleinbus) nach Tamale.
Als wir den aber sehen - voll verrostet, mit kaputter Frontscheibe, defekten Rücklichtern, profillosen Reifen und noch dazu einer Gasflasche im Gepäck - denken wir, jeder unserer Lieben zu Hause würde uns verbieten, dort einzusteigen. Abdallah ist zum Glück der gleichen Meinung. So warten wir lieber noch eine zweite Stunde auf den nächsten tatsächlich etwas besseren Minibus.
Wo vier Sitzbänke gut hineinpassen würden, hat der 5 und natürlich im Gang noch die unvermeidlichen Klappsitze, so dass wir uns ohne jegliche Bewegungsmöglichkeit (unsere Rucksäcke und eine Ersatzfelge liegen unter der Bank vor uns, Wolfgangs Stativ irgendwie zwischen unseren Füßen) auf die nächsten 2 1/2 Stunden vorbereiten. Nach nicht einmal 100 Metern knackt unsere Sitzbank ein Stück nach unten ab; nur wenig später gibt es einen weiteren Ruck, so dass wir jetzt mit dem hinteren Teil unseres Hinterteils auf einer Eisenstange sitzen (spontan formulieren wir das etwas anders, was aber fürs Tagebuch nicht schicklich wäre). Zum Fahrt-Kurzschlaf legen wir einfach die Stirn an die Lehne des Vordersitzes.
Unterwegs sehen wir, dass alles noch viel schlimmer sein könnte - der erste Bus, den wir verschmäht haben, steht mit einer Panne am Straßenrand. Wir aber kommen gut in Tamale an. Ein richtig schöner Reisebus, der uns weiter nach Kumasi bringen soll, steht auch schon da. Der fährt aber leider erst los, wenn er voll ist.
Nach 4 Stunden Wartezeit (in der wir die Toilette benutzen, deren Fliegenmadenpfützen wir lieber nicht näher beschreiben) sorgt ein Regenguss dafür, dass die Händler überstürzt ihre Stände abbauen und endlich mit unserem Bus mit fahren wollen. Jetzt sind es so viele Passagiere, dass noch Plastikhocker in den Gang gestellt werden müssen. Mit Einbruch der Dunkelheit fahren wir los und Abdallah ist ein bisschen gestresst: mit Touristen im Dunkeln durchs Land zu fahren ist ein absolutes NO-GO!
Bei einem kurzen Stopp an einer Mautstelle springen einige Mitfahrer aus dem Bus und zwei schaffen es nicht rechtzeitig wieder zurück. Der Bus kann hier nicht warten; das Lamento ist groß, aber es gibt keine andere Möglichkeit, als sie hier zu lassen. Die beiden informieren ihre Bekannten telefonisch, dass sie in einem Trotro mitfahren konnten und wir warten am Rastplatz bei der geplanten Pause auf sie. Großer Jubel bricht aus, als sie dort wieder einsteigen.
Mehrere Taschenlampenschwenker bringen unseren Bus kurze Zeit später zum Halten; er fährt wieder zurück und reiht sich in eine Warteschlange aus Bussen und LKWs ein. Abdallah erfährt, dass bewaffnete Räuber auf der Straße ihr Unwesen treiben. Deshalb hat die Polizei die Straße erst einmal gesperrt.
Wir vertreten uns die Füße und lassen uns vom Trommelklang, der neben einem der anderen Busse erschallt, anlocken. Einige ghanaische Studenten singen und tanzen und feiern das Leben; als Fingerglocke dient ein Stück Metall mit Schraubenmutter und auch eine leere Blechbüchse klingt gut zur Begleitung. Was wir dort erleben, ist die pure Lebensfreude. Natürlich bleiben wir nicht lange nur Zuschauer, sondern mischen uns unter die Tanzenden. Und wieder wird eine eigentlich unangenehme Situation zu einem tollen Erlebnis, aus dem wir eine Menge mitnehmen können.
Etwa eine Stunde dauert es, bis wir mit polizeilichem Begleitschutz weiter fahren können. Jetzt wäre ja alles gut, wenn die Klimaanlage den Bus nicht auf gefühlte -20°C  herunter kühlen würde. Die Jacken sind im Koffer - an diese Eigenart der afrikanischen Busfahrer haben wir leider nicht gedacht.
Um 1 Uhr morgens rollen wir endlich in Kumasi ein (für die 500 km haben wir jetzt fast 20 Stunden gebraucht), fahren mit dem Taxi zu unserem Kingsway-Hotel, beziehen ein richtig großes Zimmer, bauen unser Mückenzelt auf und liegen halb 2 krachkaputt im Bett.
 
zum 20.8.

nach oben


 

© Gaia-Percussion
Texte und Fotos unterliegen dem Copyright der Gaia-Percussion und dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Copyright-Inhabers an anderer Stelle verwendet werden.
Der Inhalt aller hier verlinkten Internet-Seiten und weiterführender Links liegt außerhalb unserer Kontrolle; wir übernehmen dafür keine Verantwortung.