Gaia-Percussion

Reisen

Russland 2012

Moskau ˡ Goldener Ring ˡ Welikij Nowgorod

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Ein gewesener Freund ist schlimmer als ein Feind.
russisches Sprichwort

4.3.2012
Wir werden mit (ob schöner ist Geschmackssache - auf jeden Fall lauter) russischer Musik geweckt. Die Schule nebenan ist als Wahllokal eingerichtet worden. Es wird wieder mit zahlreichen Demonstrationen gerechnet, was für uns zum Sonntag alles überhaupt kein Problem ist, weil wir zum Brunch ins Holiday Inn eingeladen sind. Das Essen ist wieder reichlich und lecker. Irgendwann fällt mir auf der anderen Seite des Raumes ein Mann auf - ich sage zu meiner Nachbarin: "Schau mal, der sieht aus wie die Karikatur eines Boxers!" Sie schaut mich zweifelnd an - ich hab wieder mal nichts mitgekriegt - es ist Nikolai Sergejewitsch Walujew, ein ehemaliger russischer Profiboxer und Weltmeister im Schwergewicht. Unsere Chefin organisiert ein Gruppenfoto mit ihm, was ihm aber sichtlich unangenehm ist - also lassen wir ihn lieber in Ruhe!!
 
6.3.2012
Die spontane Zielentscheidung fällt wieder in der Metro - wir fahren zum Alexandergarten. Dort, genau gegenüber der Kremlmauer, ist die Manege, in der gerade ein Honigmarkt stattfindet. Davon hatten wir zwar im Herbst genug, wir wollen aber dennoch die Gelegenheit nutzen, uns das Gebäude von innen anzusehen. Natürlich gibt es wieder jede Menge Honig in fester (für mich) und flüssiger Form (für Andreas) zum Kosten. Was aber besonders auffällt, ist, dass fast alle Imker Propolisprodukte verschiedenster Art anbieten. Wir kaufen einen schwarzen Klumpen, der in Öl angesetzt werden soll, und ein paar Dragees, die wahre Zaubermittel sind: sie reinigen den Organismus, stärken das Immunsystem, verbessern die Merkfähigkeit und das Sehvermögen, werden empfohlen bei Schmerzen im Mundraum, im Hals und im Magen-, Darmtrakt.
Der Rote Platz ist heute abgesperrt. Überall stehen bewaffnete Truppen und Mannschaftswagen, dabei ist keinerlei Aktion zu erkennen. Andreas vermutet Vorsichtsmaßnahmen wegen eventueller Demonstrationen. Auf dem Heimweg haben wir in der Metro ein überraschendes Erlebnis - wir treffen unsere Lieblingskellnerin aus dem Jolki-Palki. Sie freut sich so, uns zu sehen, dass sie gleich auf einen kleinen Smalltalk herüber kommt. Ich erzähle ihr gerade ganz begeistert, dass wir noch nie in der Metro jemanden getroffen haben, den wir kennen, da werden wir von einem jungen Mann gegrüßt - unser Internet-Mensch! Er hat einen Termin in unserem Compound - auf dem Weg dorthin können wir jetzt aber auf englisch smalltalken.
 
8.3.2012
Der Internationale Frauentag ist so ziemlich der wichtigste Feiertag des Jahres. Deshalb haben wir frei - und den Brückentag morgen gleich noch mit dazu. Wir nutzen das lange Wochenende, um den Goldenen Ring abzufahren - eine Rundstrecke von ca. 900 km nordöstlich von Moskau. Die Städte dort sollen wunderschön sein.
 
12.3.2012
Wir bekommen heute eine E-Mail vom dem Kartenservice des Bolschoi-Theaters, in der uns mitgeteilt wird, dass die Plätze in unserer gebuchten Kategorie nicht mehr verfügbar sind. Deshalb bekommen wir, ohne Aufschlag bezahlen zu müssen, bessere Plätze in einer teureren Kategorie - nämlich im 1. Rang (der ja eigentlich der 3. ist), Loge 8. Das hätte pro Person 600 € (also etwa 250 € mehr) gekostet. Können wir wieder ein Glück haben. Und auch die Lieferung klappt - um 17.34 Uhr nehme ich die Karten in Empfang.
 
15.3.2012
Wir fahren heute zum Ehrenfriedhof am Neujungfrauenkloster. Auf Wikipedia hab ich mir die lange Liste der prominenten Toten angesehen - aber ohne Plan gibt es kaum eine Möglichkeit, die alle zu finden. Wir sehen die Gräber von Nadeschda Allilujewa
, der zweiten Frau Stalins, Anton Makarenko, Wladimir Majakowski, Boris Jelzin, Wjatscheslaw Molotow und vielen anderen, deren Namen uns nichts sagen. Aber die Grabmäler sind einzigartig.
Wie ich die -30°C ausgehalten hab, kann ich mir kaum noch vorstellen. Ich bin dermaßen durchgefroren, dass wir erst einmal zum Aufwärmen in ein grusinisches Restaurant "Chinkalnaja" einkehren. Die Gerichte sind richtig gut und mit außergewöhnlichen Kräutern gewürzt. Zum Nachtisch gönne ich mir einen heißen Weißwein mit Honig, schwarzem Pfeffer, Erdbeer- und Orangenstücken - superlecker!!
 
17.3.2012
Wir kriegen wieder mal Besuch, holen Andreas' Bruder Olaf und dessen Frau Dagmar vom Flughafen Domodedovo ab. Und obwohl wir die Rückfahrt fast vollständig im Stau verbringen, sind wir rechtzeitig wieder zu Hause, um uns für unseren Bolschoi-Theater-Abend anzuhübschen. Ein schwarzes Abendkleid für mich, Anzug mit Hemd und Krawatte für Andreas - so sieht man uns nur sehr selten. Das Theater wurde nach 6-jähriger Restauration erst vor ein paar Monaten wieder eröffnet; wahrscheinlich sind die Karten deshalb auch so teuer. Der alte Prunk wurde erhalten, dennoch sind insbesondere die Toiletten-, Buffet- Treppen- und Aufzugbereiche sehr modern - gut, aber nicht nobel. Eine Mitarbeiterin weist uns darauf hin, dass in der Belle Etage ein Museum eingerichtet ist. Das schauen wir uns natürlich an. Es sind einige Kostüme und Fotos der entsprechenden Stücke zu sehen. Beim Flanieren durchs Theater fällt uns auf, dass der "Dress-Code" nicht mehr existiert. Hier sind tatsächlich Besucher mit Jeans und Turnschuhen unterwegs! Das gefällt uns nicht!! Unsere Loge ist noch eine Etage höher. In einem kleinen Vorraum steht eine Chaiselongue vor einem großen Spiegel - das wirkt!! In der eigentlichen Loge stehen auf dem Platz, der vielleicht für 4 Theatersitze gedacht war, 6 Holzstühle, dahinter noch 2 höhere - es sind also insgesamt 8 Plätze. Zusätzlich darf sich noch ein junger Mann hinein stellen, dem von der Platzanweiserin zu verstehen gegeben wird, dass er sich ruhig verhalten soll - der gehört also nicht hierher.
Ich sehe etwa ein Dreiviertel der Bühne, Andreas nur die Hälfte (nachdem er liebevollerweise seinen Platz mit mir getauscht hat). Der zusätzliche junge Mann riecht so, als wäre er grad aus dem Kuhstall gekommen, hätte ein knoblauchreiches Abendessen mit Wodka herunter gespült und dann keine Zeit mehr für die Dusche gehabt. Während der Pause schauen wir uns unsere ursprünglichen Plätze an - da hätten wir so ziemlich gar nichts gesehen. Wir hatten also wirklich Glück, obwohl 642 € auch für unsere Plätze wohl kaum gerechtfertigt sind.
ABER - die Kunst ist toll!! Das Orchester ist gewaltig und die Tänzer sind unglaublich - absolute Spitzenklasse. Obwohl wir also vom Theater selbst eher ein wenig enttäuscht sind, hat sich der Abend auf jeden Fall gelohnt.
 
18.3.2012
Ein Muss auf unserm Besucherprogramm ist der Flohmarkt auf dem Kreml Ismailowo; danach fahren wir zum Ukraina-Hotel, sehen uns wieder das Diorama an - diesmal hab ich auch genug Ruhe, mir die ganzen Informationen dazu anzuhören - und fahren dann zum Restaurant in die 29. Etage. Noblesse pur!! Die Preise liegen natürlich außerhalb unserer Schmerzgrenze. Die Kellner scheinen aber "Nicht-Gäste" wie uns gewohnt zu sein; sie fordern uns sogar dazu auf, herum zu gehen und den Ausblick zu genießen. Ich freue mich fast noch mehr über die duftenden Frühlingsblumen in den Fensterbrettern - Hyazinthen, Osterglocken, Narzissen - das ist es, was mir hier besonders fehlt. Danach geht es wieder auf eine Bootsfahrt die, zum Teil noch mit Eisschollen überzogene, Moskwa entlang zum Bestaunen der wichtigsten Moskauer Sehenswürdigkeiten.
 
In einer kleinen Kneipe überstehen wir bei Baltik-Bier und Hühnchenmedaillons den nächsten Schauer und leisten uns dann im GUM leckeren Kuchen als Nachtisch.
[Nachdem gegen Mitternacht das Spiel Polen gegen Russland beendet ist, kommen wir dann auch endlich zum Schlafen.]
 

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