Gaia-Percussion

Reisen

Russland 2012

Moskau ˡ Goldener Ring ˡ Welikij Nowgorod

Januar ˡ Februar ˡ März ˡ April ˡ Mai ˡ Juni ˡ August ˡ September ˡ Oktober ˡ November ˡ Dezember

Tapfer sein bedeutet die halbe Rettung.
russisches Sprichwort

1.2.2012
Heute besuchen wir die Großbäckerei Tscherjomuschki. Ausgerüstet mit weißem Kittel und blauer Haube begeben wir uns auf den Rundgang und sind begeistert. Ein großer Teil der Kuchen und Torten wird hauptsächlich in Handarbeit hergestellt. Es wird die Produktion verschiedener Brotsorten erklärt und wir dürfen sie sogar probieren (typisch russisch ist das süßliche Schwarzbrot "Borodinskij" oder das althergebrachte "Darnizkij") - nur leider nicht fotografieren. Aus hygienischen Gründen mussten wir alles draußen lassen. Der kulinarische Höhepunkt ist eine Kuchenverkostung - genau das Richtige für mich!!
Mit -23°C hab ich heute meinen persönlichen Kälterekord erreicht. Selbst die Thermohose über der Jeans reicht nach 45 Minuten nicht mehr aus - wir müssen schnell zum Aufwärmen nach Hause!
 
2.2.2012
Wir fahren mit der Metro zum Luschniki-Sportpark am Olympiastadion. Wegen Schnee und Wind fühlen sich die -17°C heute fast so schlimm an wie die gestrigen Temperaturen. Es läuft gerade eine Skilanglaufrennen; und es sind sogar einige tapfere Fans vor Ort. Wegen eines baldigen Fußballspiels ist ein Großaufgebot von Polizei unterwegs. Eigentlich sind wir hier, um uns Schnee- und Eisfiguren anzusehen; davon ist aber weit und breit nichts zu sehen. Ich frage einen der Polizisten, der hat aber leider keine Ahnung, was ich meinen könnte. Nach einigen Minuten kommt er uns hinterher gespurtet: "Madame, Madame!" Er hat tatsächlich herausgefunden, wo wir hin müssen und beschreibt uns den Weg in nettem Englisch.
Ab kurz hinter dem Ausgang ist die "Schnee-Symphonie" ausgeschildert. Die Polizisten am Einlass fragen uns, wo wir hin wollen - zu den Eisfiguren lassen sie uns ungehindert durch gehen. Den angekündigten kostenlosen Eintritt erhalten wir leider nicht und müssen relativ teure Tickets kaufen. Es hat sich aber gelohnt - am großartigsten ist ein Nachbau des Kremls inklusive der Kanone und der Glocke (die wir ja schon "in echt" gesehen haben) - gut gelungen!
 
3.2.2012
Zum frühen Morgen der erste Schreck - Hofaufsichtvertretung!!! Dafür bin ich nicht richtig angezogen! Per Telefon bitte ich Andreas, mir noch eine Thermohose und die warme Mütze zu bringen, was er natürlich ganz besorgt und liebevoll tut und auch gleich zur Aufsicht mit dabei bleibt. Mein Thermometer zeigt angenehme -12° -- das ist ja dann gar nicht so schlimm, was sich draußen aber ganz anders anfühlt! Schnell erfahre ich auch warum: mein Thermometer ist einfach nur kaputt -- es waren -25°!! Wir haben es alle überstanden.
Nachmittags ist ein Ausflug zu den Mosfilm-Studios geplant. Wir stellen das Auto vor der Deutschen Botschaft ab (fühlt sich sicher an) und laufen das letzte Stück. Als erstes sehen wir eine imposante Ausstellung alter Fahrzeuge - wirklicher Schätze, die in den sowjetischen Filmen genutzt worden sind. Eine Museumsführerin erklärt uns jede Menge interessanter und zum Teil auch amüsanter Einzelheiten, die uns zum Glück von einer netten Kollegin übersetzt werden.
Außerdem gibt es viele verschiedene Kostüme, Kulissen und berühmten Originalen nachgebaute Kaleschen zu sehen, die in weltbekannten Filmen, wie z.B. "Krieg und Frieden" ihren Einsatz fanden. Wir besichtigen ein sehr deutsch und zerstört wirkendes Außengelände (können uns vorstellen, was hier gedreht wurde) und einen großen Innenpavillon, der leider gerade leer ist. In der Maskenbildnerei werden die langatmigen Erläuterungen dann doch anstrengend - ich bewundere unsere Übersetzerin, die das voll konzentriert durchzieht. Zum Abschluss "spielen" uns Schauspielroboter eine Horrorszene vor.
Auf dem Weg zum Auto wirkt der Sonnenuntergang hinter der Deutschen Botschaft wie eine gelungene Schlussblende. Wir überlegen, ob wir noch in eine gemütlich Kneipe einkehren, entscheiden uns dann aber doch für die direkte Fahrt nach Hause und auf dem Heimweg hab ich zum ersten Mal die Schnauze so richtig voll von der extremen Kälte.
 
5.2.2012
In Vorbereitung auf das Rammstein-Konzert am nächsten Wochenende wollen wir heute schon einmal die Lokalität erforschen, damit wir dann genau wissen, wo wir hin müssen - auf geht es also zum Sportkomplex Olimpiskij. Zum Glück habe ich durch puren Zufall heraus gefunden, dass dies nicht das Olympiastadion ist, wie wir ursprünglich angenommen hatten. Auf Google-Maps hatte ich mir angesehen, zu welcher Metrostation wir müssen und bin mir relativ sicher, dass mir das beim Betrachten des Metroplanes bestimmt wieder einfallen wird. Tja - so richtig sicher bin ich mir dann leider doch nicht und entscheide mich für die Tschechowskaja - die war es, glaub ich!!!! Vorsichtshalber fragen wir dort einen Polizisten, der wiederum vorsichtshalber noch einmal nachfragt, ob er mich wirklich richtig verstanden hat. Ja - der Sportkomplex Olimpiskij ist sehr weit weg - wir müssen die zweite Straße rechts gehen und dann immer geradeaus - seine Handbewegung und sein Gesichtsausdruck lassen uns ein wenig an uns zweifeln - aber wir marschieren tapfer drauf los. An der erwähnten zweiten Straße rechts kommt uns dann auch schon etwas bekannt vor. Wir befinden uns am Hinterausgang des ZUM-Kaufhauses - also in der Nähe des Theaterplatzes. Von dem entfernen wir uns jetzt aber und erahnen unser Ziel, denn jetzt geht es in Richtung des Zwetnij-Boulevards, den wir im Sommer schon erkundet haben.
Ein "Wild-Beans-Café" lockt mit einer WiFi-Verbindung, wir kehren erst einmal ein auf Kaffee, Kuchen und einen erneuten Blick auf Google-Maps. Und hier erkenne ich jetzt meinen Lapsus - hatte ich doch Herrn Tschechow mit Herrn Dostojewski verwechselt - da hätten wir nämlich hin gemusst. Das ist jetzt aber nicht mehr so weit - wir müssen nur noch den bunten Boulevard und den Olimpiskij Prospekt entlang bummeln, bis wir endlich das große Stadion mit der Rammstein-Werbung finden. Erst hier fällt uns auf, dass nirgends sonst in Moskau für die Konzerte geworben wurde - trotzdem sollen wohl beide ausverkauft sein.
Genau gegenüber ist der Katherinenpark; auch hier gibt es wieder vereiste Rutschen für die Kinder und jede Menge schöner Eisfiguren. Von weitem sehen wir ein herrliches Gebäude, das aber nicht - wie wir zunächst vermuteten - ein Palast im Park ist, sondern ein Theater gleich dahinter. Wie schon bei anderen der faszinierenden Bauwerke fällt uns auf, dass es von allen Seiten gleich schön ist.
Auf der Heimfahrt starten wir jetzt an der Dostojewskaja
und steigen dann für Fotos noch mal an der Trubnaja aus,
bevor wir am Sretenskij Bulvar in die Linie umsteigen, die uns nach Hause bringt.
8.2.2012
Endlich die erlösende Nachricht - es hat wirklich geklappt: Wir stehen auf der Gästeliste für das Rammstein-Konzert am Samstag!!
 
 
9.2.2012
Die Temperaturen bleiben im anstrengenden Minusbereich - und es ist kein Ende in Sicht!

12.2.2012
Heute ist es so weit - wir gehen überpünktlich zu Hause los, um auch wirklich rechtzeitig an der Olimpiskij-Arena zu sein. Schon in der Metro fällt uns ein junges Pärchen auf, das uns gegenüber sitzt und seine Rammstein-Karten anschaut. Denen müssen wir also nur folgen. Auf dem Weg von der Metrostation zum Sportkomplex sehen wir viele Leute, die noch versuchen, Karten zu kaufen. An der Arena ist schon ein riesengroßer Menschenauflauf. Die Leute lassen geduldig die Kontrolle über sich ergehen und rennen dann wie die Wilden zu den Eingängen. Wir sind uns nicht sicher, ob sie noch versuchen, Karten an der Abendkasse zu ergattern oder einfach nur gute Plätze wollen. Eine ältere Dame spricht uns an, ob wir ihr erklären können, was hier los ist. Meine Russischkenntnisse reichen so weit, ihr zu sagen, dass eine bekannte deutsche Band spielt, die sehr harte Rockmusik macht. Ich finde es total faszinierend, dass sie für ihre Antwort ein paar deutsche Vokabeln zusammen kratzt.
Wir reihen uns brav in die Masse ein und fragen dann zwei Polizisten, wo der südliche Eingang ist, an dem wir uns melden sollen, weil dort die Gästeliste liegt. Hier sind wir also total falsch; wir müssen wieder zurück -- zum VIP-Eingang, an dem wir sogar auf Englisch empfangen werden. Bisher waren wir ja noch ein bisschen skeptisch - aber unser Namen stehen tatsächlich auf der Liste und wir bekommen einen Umschlag mit 2 Karten für den 3. VIP-Bereich ausgehändigt - Reihe 5, Platz 8 und 9. Jetzt können wir es uns bei einem leckeren Mokachino beruhigt gut gehen lassen. Ich sehe einen Mann, der mir mächtig bekannt vor kommt - Tim Mälzer - tatsächlich!! Gegen 20 Uhr gehen wir dann zu unseren Plätzen - wir sitzen direkt hinter der Technik mit geradem Blick auf die Bühne, vor der sich die Fans versammeln, die hoffentlich nachher den Flake heil mit seinem Schlauchboot befördern werden. Die Vorband ist gut und passt als musikalische Einstimmung.
Gegen 21 Uhr beginnt dann die große Show. Eine Brücke wird unter Pyro-Effekten von der Decke heruntergelassen; dann kommt RAMMSTEIN mit Fackeln und Brennstäben genau neben uns die Treppe herunter - ein Riesenauftritt über die Brücke hinweg auf die Bühne!!! Und es folgt DAS Konzert - es ist alles perfekt - nur einmal stört ein Security-man das Erlebnis, als er mir verbieten will zu fotografieren und sogar versucht, mir die Kamera weg zu nehmen. Ich wehre mich natürlich energisch - schließlich wird um mich herum überall fotografiert und gefilmt. Als er meint, dass das ja Handys und keine Kameras seien, lasse ich mich (natürlich nur vorübergehend) darauf ein, meine Kamera weg zu packen und mit dem Handy weiter zu fotografieren. Wahrscheinlich hat er keine Lust auf eine weitere Auseinandersetzung und lässt sich für den Rest des Konzerts nicht mehr blicken (vielleicht hat ihm ja auch jemand gesagt, dass wir SPEZIELLE RAMMSTEIN-GÄSTE sind - weiß ja schließlich keiner, dass wir nur durch viel Glück und Zufall auf die Gästeliste gekommen sind). Beim Haifisch wird Flake mit seinem Schlauchboot sicher durch die Fan-Hände und zurück zur Bühne gereicht.
Nach 1 1/2 Stunden kann ich es kaum fassen, dass die Zeit so schnell vergangen ist und die Jungs sich schon verabschieden wollen. Sie haben doch "Moskau" noch nicht gesungen - und das geht doch in Moskau so gar nicht! Ok - Zugabe - ohne Moskau! Ich bin mir ganz sicher, dass dies der Rausschmeißer sein muss! Noch eine Zugabe - ohne Moskau - und jetzt wirft der "Doom" schon seine Schlagzeugstöcke ins Publikum!! Es muss noch eine kommen (vielleicht hat er ja noch welche in Reserve)!!! Dritte Zugabe - Amerika, Germany - und - Moskau!!!! Die Halle tobt!!! Und jetzt ist wirklich Schluss!!! Wir sind uns wieder mal einig - war das genial - hammerhart - wir finden gar keine Worte!!!!
Natürlich sind wir aus unserem VIP-Bereich schnell draußen und brauchen für die Jacken nicht anzustehen. Jetzt überlegen wir, wie wir dem Sturm auf die Metro entgehen können (die Katastrophe vom Moskau-Geburtstag ist uns noch gut im Gedächtnis). Also laufen wir einige Schritte weiter zur Station Dostojewskaja (ein feiner Schnee, der eher aussieht wie das Glitzern in einem gut gekühlten Ouzo, hat die Straßen und Wege bedeckt und ist so trocken, dass es bei jedem Schritt mächtig knirscht und knarrt), wechseln dann nach einer Station erst einmal auf eine weitere Linie, bevor wir zwei Stationen später in unsere eigentliche Nach-Hause-Linie umsteigen. Diese Strategie hat sehr gut funktioniert - die Bahnen sind so leer, dass wir sogar durchgängig einen Sitzplatz kriegen.
 
13.2.2012
Wieder ein Kälterekord - Andreas meint, heut früh seien es -31°C gewesen - vormittags waren es dann -29°C. Dummerweise gibt es Leute, die gleich panisch anfangen, die Heizungen aufzudrehen - das bedeutet für mich: Fenster aufreißen - wie man sich das eben in Russland so vorstellt.
 
18.2.2012
13.09 Uhr Moskauer Ortszeit - wir haben es getan - Karten für das Bolschoi-Theater gekauft - Schwanensee für 350€ pro Person! Das ist es doch hoffentlich wert! Die Plätze sind seitlich auf dem 3. oder frontal zur Bühne auf dem 4. Rang - was aber eigentlich der 5. und 6. Rang ist (der erste heißt Lower Boxes und der zweite Belle-etage).
 
Nach einem Spaziergang durch die Vernissage am Kreml Ismailowo treffen wir uns heute mit unserem Freund Sören im BQ zum Abendessen (er ist der tolle Kerl, der uns auf die Rammstein-Gästeliste gebracht hat!). Wir haben einen richtig schönen Abend, das Essen ist lecker, Bier und Rotwein schmecken auch. Fast unmerklich wandelt sich das Restaurant in eine Bar; eine DJ legt auf, es wird getanzt und je später der Abend desto lauter die Musik. Irgendwann verstehen wir uns kaum noch und überlassen das Parkett dann doch lieber der russischen Jugend. Für uns gibt es noch einen McDonalds-Kaffee und einen kleinen Abendspaziergang, bei dem uns Sören die berühmte Tretjakow-Galerie zeigt. Ein weiteres Gebäude, das uns sehr gefällt, ist das Pädagogische Museum. Als wir uns für Fotos auf den Hof vorwagen, wird einfach das Licht ausgemacht, und schon hat es seinen Reiz verloren.
 
21.2.2012
Anstatt des Karneval feiern die Russen in der Butterwoche Maslenitza und beginnen damit die Fastenzeit. In den Moskauer Parks sollen während dieser Woche große Partys steigen - wir entscheiden uns heute für den Kusminki-Park, den wir noch nicht kennen. Die Idee, an der gleichnamigen Metrostation auszusteigen, erweist sich als nicht so toll - wir müssen noch ziemlich weit laufen, um überhaupt den Eingang finden.
Der Park ist wirklich schön - sehr ruhig und sauber. Hier können wir mal wieder so richtig durchatmen. Wir spazieren an einem zugefrorenen See entlang, finden tolle alte Gebäude - auch diese Anlage erinnert uns sehr an das Wörlitzer Gartenreich. Nur von einer Party ist weit und breit nichts zu sehen oder zu hören. Ob wir einfach zu spät dran sind oder doch nicht die ganze Woche durch gefeiert wird, ist nicht zu erkennen. Da wir kurzzeitig die Orientierung verloren haben, gehen wir vorsichtshalber an der Straße entlang zurück zur nächsten Metrostation und sofort ist die Erholung für die geplagten Lungen wieder dahin.
Was die Moskauer Sportveranstaltungen betrifft, sind wir ja total ahnungslos, merken also auch erst beim Umsteigen im Stadtzentrum, dass heute ein wichtiges Fußballspiel stattfinden muss. Wir haben Glück, überhaupt in die Bahn zu kommen; an jeder weiteren Station sind die Bahnsteige hoffnungslos überfüllt, die Fans drängen in die Türen und versuchen noch einzusteigen. Irgendwann ist es so voll, dass wir wahrscheinlich ohne Probleme die Füße anheben könnten, doch trotzdem wollen die draußen Wartenden einfach nicht wahr haben, dass wirklich niemand mehr reinpasst; die Polizei ist zwar präsent, tut aber kaum etwas. 6 Stationen müssen wir tapfer aushalten - ich glaube, so lange hat die Fahrt noch nie gedauert!! Zu Hause dann die große Erkenntnis: Achtelfinale der Champions League - Real Madrid war zu Gast beim ZSKA Moskau.
 
23.2.2012
Wir fahren mit der Metro ins Stadtzentrum; beim Herausstiefeln erblicken wir nicht nur das Tageslicht, sondern auch einen nicht enden wollenden Konvoi mit Armee-Mannschaftswagen. Vom Roten Platz strömen uns Menschenmassen entgegen - es scheint wieder eine Demo gewesen zu sein. Diesmal sind wir nicht vorgewarnt worden - aber trotzdem froh, nicht hinein geraten zu sein (schließlich sind wir in der Botschaft eindringlich belehrt worden, uns aus allem Politischen heraus zu halten).
Gleich hinter dem GUM befindet sich der unter Katharina II gebaute Handelshof. Den schauen wir uns heute an. Auf einer Webseite zu den Moskauer Sehenswürdigkeiten wurde von dem "granitgepflasterten, 12000 m² großen Innenhof, der vom größten freitragenden Glasdach Europas überspannt wird" geschwärmt. Auf dieser Fläche ist gerade eine Art Immobilienmesse - DOMEXPO - für die man offensichtlich eine Eintrittskarte braucht. Wir setzen unser "Selbstverständlich-gehören-wir-dazu-Gesicht" auf und kommen so ohne Probleme durch die Kontrolle. Die Messestände interessieren uns natürlich nicht; trotzdem ist es ein schönes Feeling.
Weil das Gebäude so schön ist, gehen wir auf der Rückseite gleich noch einmal hinein. Hier entdecken wir eine etwas obskure Ausstellung ausgestopfter Tiere. Es ist kein Händler zu sehen - nur ein Zettel mit einer Telefonnummer, die man nutzen kann, wenn man Interesse an den Stücken hat. Wir sind zwar schon auf eine eigentümliche Weise fasziniert - kaufen wollen wir hier aber nichts!
Nächstes Ziel ist die "Alte englische Residenz", die Iwan der Schreckliche einst englischen Kaufleuten schenkte. Ein (ge)wichtiger Herr schleust uns nicht nur an einer schreienden Kindermeute sondern auch gleich noch an der Kasse vorbei durch das Museum. Können wir wieder ein Glück haben!
Wir spazieren weiter auf einem kleinen Pfad fast an der Moskwa entlang und wollen eigentlich noch zum Bojarenhaus der Familie Romanow. Um das anzuschauen, ist es aber inzwischen leider zu spät - es bleibt also auf der Moskauer Wunschliste. Wir wandern weiter durch die bemerkenswerten Häuserzeilen des alten Moskau; und bevor wir uns auf den Heimweg machen, kehren wir noch ins Jolki Palki ein. Hier gibt es für Andreas grenzenlose Selbstbedienung am Salatbuffet für knappe 10€, für mich Blini mit Lachs und einen Mozarellasalat, dazu gönnen wir uns zwei Literkaraffen vom "guten" russischen Bier.
 
24.2.2012
Schmuddelwetter in Moskau!! Bei etwa 0°C taut es leicht, dazu begleitet uns ein unangenehmer Schneeregen; aber wir sind trotzdem unterwegs, fahren bis zur Metrostation Park Kulturij,
und heute ist es endlich so weit: Maslenitza-Party im Gorkipark. Gleich am ersten Stand gibt es einen Glühwein für mich und prompt werde ich zu einem Interview vor laufender Kamera angesprochen. Ich erkläre der Dame, dass ich nicht so viel Russisch spreche und ihre Fragen leider nicht verstanden habe. Sie gibt aber nicht auf und versucht es auf Englisch. Darauf kann ich mich einlassen. Ilka im Moskauer Fernsehen?? Vielleicht??
An den nächsten Ständen gibt es (auch für uns) Kaffee und leckeren Kuchen. Im Park sind zwei große Bühnen aufgebaut - auf der einen läuft ein Kinderprogramm, auf der anderen spielt eine gewöhnungsbedürftige russische Truppe. Ihre Musik klingt interessant, der Gesang sehr experimentell - nicht wirklich schön, als die Sängerin auf die Geige umsteigt, können wir für eine Weile stehen bleiben und zuhören.
Wir werden von einer jungen lustig kostümierten Lutscherverkäuferin angesprochen, die auch gleich nachfragt, wo wir her kommen - und dann tatsächlich ein deutsches Gespräch mit uns beginnt! In einem kleinen Mittelalterdorf überlegen wir, was wir trinken könnten und werden von dem Herold der Truppe tatsächlich auch in ein deutsches Gespräch verwickelt - ich bin fasziniert!! Seine Getränkeempfehlung ist ein Kwas mit Honiganteil. Ich bin zunächst skeptisch, aber es schmeckt wirklich lecker. Zum Abschluss ist ein Muss der obligatorische Blini mit Erdbeermarmelade.
 
25.2.2012
Es ist wieder ein bisschen kälter geworden, es matscht nicht mehr so und Schnee rieselt leise vom Himmel herab. Der heutige Tag lädt also förmlich zu einem Ausflug ein. Aus purer Neugier verlassen wir die Metrostation an der Leninbibliothek auf der anderen Seite und entdecken so wieder ein Stück Moskauer Neuland mit tollen Gebäuden gegenüber des Kreml.
Da auch heute weder im Alexanderpark noch auf dem Roten Platz eine Maslenitza-Party stattfindet, fahren wir weiter zum Park Ismailowo. Eine Party ist das hier auch nicht wirklich - auf einer Bühne versucht eine Gruppe, die Gäste mit russischen Volksliedern in Stimmung zu bringen. Der Erfolg ist mäßig. Ansonsten ist nicht viel los. In einer kleinen Bude gibt es für uns Bier, Kaffee, Schaschlik und Blini mit Marmelade. Im Rest des riesengroßen Parks feiert niemand mehr - wir spazieren zur anderen Seite und fahren mit der Metro zurück.
Wir sind inzwischen ganz schön weit weg von unserem Ausgangspunkt, müssen erst einmal in eine andere Linie ein- und dann noch zwei Mal umsteigen. Dabei lernen wir aber wieder interessante neue Stationen kennen, die Schossee Entusiastow,
die Awiamotornaja und die Rimskaja.
Da uns das Jolki-Palki im Stadtzentrum am Freitag so gut gefallen hat, kehren wir heute in der Filiale bei uns um die Ecke ein. Es ist eine Oase in der gefühlten Moskauer Servicewüste. Die Kellnerin ist so was von aufmerksam und freundlich, bedient mit einem strahlenden Lächeln! Einfach nur toll - da gehen wir wieder hin!
 
26.2.2012
Heute soll der Höhepunkt aller Maslenitza-Feiern sein; am Kreml Ismailowo steht eine lange Menschenschlange, hier müssen wir also heute wirklich richtig zu sein. Empfangen werden wir von einem singenden Mädchen - dem russischen Geschmack scheint dieser Schreigesang zu gefallen - ähnlich klingen ja auch die Frauenchöre (da wird die Kleine in ein paar Jahren gut reinpassen). An vielen Ecken stehen Familien, die ihr eigenes Picknick ausgepackt haben. Wir bewundern die Sparsamkeit, merken aber bald, dass diese wahrscheinlich nur zweitrangig ist. Die Schlangen vor allen Ständen, an denen für das leibliche Wohl gesorgt werden soll, sind so lang und starr - es geht einfach nichts vorwärts! Wir verzichten.
Auf dem Hauptplatz ist ein dicker Stamm aufgestellt. Vorhin haben wir beobachtet, wie mittels einer wackligen Leiter mehrere gefüllte Plastiktüten oben angehängt wurden. Jetzt klettern junge Männer - zum größten Teil mit freiem Oberkörper - nach oben, um sich als Belohnung eine von den Tüten herunter zu holen. In der Mitte sind mehrere junge Männer mit einem eigentümlichen Spiel beschäftigt - einige bilden eine untere Schicht auf deren Rücken andere hinaufspringen - das geht so lange, bis der Stapel irgendwann in sich zusammen bricht.
Dann teilen sie sich in 2 Mannschaften und das Volk bildet, ein großes Spektakel erwartend, einen engen Kreis darum. Was jetzt beginnt ist in unseren Augen nichts anderes als eine organisierte Massenschlägerei. Das gefällt uns nicht. Wir verlassen diesen Ort und bummeln lieber wieder über den Flohmarkt - wie immer sind wir erstaunt über die Angebote und ein bisschen traurig, dass wir so wirklich gar nichts brauchen.
 
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