Gaia-Percussion

Reisen

Russland 2011

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August ˡ September ˡ Oktober ˡ November ˡ Dezember

Es gäbe kein Glück, hätte das Unglück nicht geholfen.
russisches Sprichwort

3.9.2011
Ein weiteres Highlight steht an - wir haben uns Karten für das Militärmusikfestival auf dem Roten Platz gekauft. Mit der Metro geht es wieder in Richtung Zentrum. Das Festivalgelände ist weiträumig umzäunt (einige verzweifelte Touristen versuchen dennoch einen Blick auf die Basilika, das GUM und den Spasski-Turm zu erhaschen) - die Kapellen sind unterwegs und spielen für das ausgesperrte Volk. Bis auf eine kleine Schlägerei, die schnell von der Miliz getrennt wird, herrscht eine tolle Stimmung. Die Musiker sind richtig gut drauf und lächeln in jede Kamera.
Für russische Verhältnisse find ich es erstaunlich, dass die Veranstaltung pünktlichst mit dem 20-Uhr-Schlag des Spasski-Turms beginnt. Zweieinhalb Stunden lang spielen Gruppen aus Russland, Italien, Norwegen, China, Spanien, der Ukraine, Großbritannien, der Schweiz, Jordanien, Griechenland und Pakistan. Wir sind begeistert von der Musik und auch den Performances. Zum Abschluss marschieren alle Gruppen gemeinsam auf und schaffen es auch fast, gemeinsam zu spielen. Dazu steigt hinter der Basilika ein herrliches Feuerwerk auf. Mich überwältigt das Ganze so, dass ich gleich mal anfange zu quäken - aber wirklich nur, weil es so schön ist!!
 
4.9.2011
Happy birthday Moscow!!!! Zum 864. Geburtstag unserer vorübergehenden Heimat sind wir natürlich wieder nicht nur dabei, sondern mittendrin. Die Innenstadt ist für den Autoverkehr gesperrt und die Straßen sind voll mit Menschen. Erwartet werden wohl 3 Millionen. An den Verbindungsstellen stehen Kontrollposten, die sehr gründlich sind und ständig unseren Rucksack kontrollieren, in dem nur eine Flasche Wasser ist! Auf mehreren Bühnen treten Musiker auf, die wahrscheinlich sehr bekannt sind. Die Stimmung ist großartig.
Bei dem Blick durch die Schaufenster eines Lebensmittelladens bleibt uns fast der Mund offen stehen - die hochherrschaftliche Gestaltung mit Kronleuchtern, Säulen, Stuckwänden und Gemälden lässt die feinsten Delikatessen vermuten. Das Angebot ist aber ganz normal und sogar relativ preiswert. Auf dem Alten Platz (dem Nachbarn des Roten) hören wir noch einmal die Schweizer Perkussionsformation - sehen können wir leider nicht viel. Da wir das große Feuerwerk gestern schon erlebt haben, beschließen wir schweren Herzens nach Hause zu fahren und hoffen damit, dem großen Ansturm auf die Metro auszuweichen. Diese Hoffnung erfüllt sich leider nicht - es stehen riesige Trauben von Wartenden auf dem Bahnsteig - wir sehen keine Chance, da irgendwann mitzukommen, haben aber eine gute Idee: der Nachbarbahnsteig ist nicht so voll, also fahren wir erst einmal in die entgegen gesetzte Richtung. Nach 4 Stationen ist das Gedränge vorbei und wir können die Richtung wieder wechseln, suchen uns einen geeigneten Platz in der Bahn, um dem Ansturm standzuhalten, der dann natürlich auch bald einsetzt. Schon weitere 2 Stationen später werden die Türen des Wagens gar nicht mehr geöffnet. In der vorderen Reihe des draußen stehenden Pulks wird wütend gegen die Türen geschlagen und getreten - es würden aber beim besten Willen nicht mehr Leute hier herein passen. Andreas versucht mir etwas Luft zu halten und kriegt das auch ganz gut hin. Die Umstehenden lästern über die blöden Deutschen und denken, wir verstehen es nicht. (Tun wir ja auch nicht!) Erst einige Stationen später bekommt überhaupt jemand die Chance, die Bahn zu verlassen und wir ergattern sogar Sitzplätze.
 
10.9.2011
In unserer Hauspostille haben wir einige interessante Tipps für Unternehmungen in Moskau gefunden. Heute fahren wir zum wieder aufgebauten Holzpalast des Zaren Alexej Michailowitsch aus dem 17. Jahrhundert. Dafür müssen wir an einer zentralen Metrostation umsteigen und rollen mit der Treppe unglaublich weit in die Tiefe - die Linien liegen untereinander! Ich bin fasziniert von dem Metronetz, das unter der Stadt gebaut wurde.
Wir sind froh, dass wir uns vom Dauerregen nicht haben abhalten lassen - der Palast ist wunderschön, die Ausstattung prunkvoll und genauso, wie ich mir ein russisches Schloss vorstelle. Der olle Zar hatte sogar schon eine Sauna im Keller. Unter den Portraits an den Wänden finden wir auch eines unserer großen Katharina aus Zerbst.
Den Rest des Tages nutzen wir für eine Probefahrt mit dem Zug vom Kiewer Bahnhof zum Flughafen Vnukowo, damit auch alles gut geht, wenn wir im Oktober unsere Freunde dort abholen. Auf dem Rückweg mit der Metro müssen wir wieder umsteigen; aber das macht gar nichts - die Stationen sind toll.
 
11.9.2011
Auf unsrer gestrigen Metro-Tour haben wir zufällig ein Plakat gelesen, dass zum "Honigfestival" einlädt - damit steht das heutige Ziel also fest und auch diesmal trotzen wir dem Regen tapfer. Mit der Metro fahren wir quer unter (fast) ganz Moskau hindurch und werden im Sokolni-Park von typisch russischer Volksmusik begrüßt, zu der einige meschengroße Bienen mit den Besuchern tanzen. Wieder einmal schafft es Moskau, mich zu verblüffen: noch nie habe ich so viel Honig auf einmal gesehen - und probiert!! An etwa 100 Ständen können wir die verschiedensten Sorten kosten; irgendwann reicht es aber und wir steigen um auf die flüssige Form.
Diesmal gibt es als krönenden Abschluss eine richtig gute Sambaband zu hören. Das gefällt uns!! Und als wir zu hause über unsere Internetkontakte von dem Unwetter in Deutschland erfahren, das mit Hagelstürmen ganz schönen Schaden angerichtet hat, sind wir fast dankbar dafür, dass wir nur pitschnass geregnet worden sind.
 
12.9.2011
Obwohl es wieder regnet, wollen wir nicht zu Hause sitzen bleiben und fahren heute zum Neujungfrauenkloster. Es wurde im 16. Jahrhundert gegründet und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Brav, wie wir sind, bezahlen wir den Eintritt von 250 Rubel pro Person. Auf dem Gelände bemerken wir dann, dass man diesen nur für die Besichtigung zweier Museen braucht. In dem ersten sind durchaus ansehnliche Gemälde und einige bemerkenswerte Ostereier ausgestellt; in dem zweiten sind Fotos von religiösen Zeremonien und Veranstaltungen zu sehen, es laufen auch einige Videos dazu. Unser Fazit: das Kloster ist sehr interessant und unbedingt sehenswert; auf das Bezahlen des Eintritts kann man aber verzichten.
 
13.9.2011
Heute sind wir zu einer Informations- und Belehrungsveranstaltung in die Deutsche Botschaft eingeladen. Es herrscht eine sehr angenehme Atmosphäre und wir bekommen Antwort auf all unsere Fragen (problematisch ist immer noch die Zulassung unseres Autos). Auf dem Heimweg drehen wir noch eine kleine Einkaufsrunde und entdecken vor unserem Supermarkt einen Jeep mit genialem Reserverad!!! Wegen des reichlichen Wassers von oben kommen wir mal wieder pitschnass zu Hause an.
17.9.2011
Leider konnten wir in Katharinas Sommerresidenz nicht wirklich auf ihren Spuren wandeln, weil sie nie dort gelebt hat. Dennoch ist die Anlage fantastisch - erinnert an vielen Stellen sogar an ihre (und unsere) Anhaltische Heimat. Der Palast ist zum größten Teil als Galerie eingerichtet - nur zwei Säle lassen ein bisschen monarchisches Feeling aufkommen. Ich freue mich über ein Schild, welches zeigt, dass fotografiert werden darf - den Zusatz darunter, dass dafür ein Extra-Billet an der Kasse gekauft werden muss, kann ich leider nicht lesen.
Gleich gegenüber durchstreifen wir den nächsten Honigmarkt, der uns noch besser gefällt als der vorige. Es sind mehr Stände, in denen alles noch authentischer und hygienischer wirkt. Außerdem sind die Imker sehr freundlich geschäftstüchtig und die Preise sogar noch günstiger. Wir kaufen 3 kg Honig - das muss bis zum nächsten Oktober reichen.
 
22.9.2011
Es ist genial, was das Internet möglich macht - nicht nur den dringend notwendigen Kontakt zur Familie und den Freunden zu Hause (während Andreas an seinem Rechner mit Würzburg skypt und ich an meinem mit Dessau, nutzen unsere Lieben die Gelegenheit, über Moskau ihre Grüße auszutauschen) - Andreas skypt mit Brasilien, ich chatte mit San Francisco und Port Said und über Facebook erfahre ich alles, was meine Freunde grad so machen. Und da verteufle noch jemand die Technik!
 
24.9.2011
Am Auto erwartet uns heute ein Minischaden - die Nachbarin hat wahrscheinlich beim Ausparken unseren Fahrrad-Gepäckträger nicht gesehen. (Wir hatten ihn dran gelassen, weil dadurch unser Auto so schön vor eventuellen Stößen von hinten geschützt ist; außerdem ist das rückwärtige Nummernschild nicht so leicht von Langfingern zu erreichen.) Dadurch hat sie ihn beiseite geschoben und so einen kleinen Kratzer an unserer Stoßstange verursacht. Zum Glück ist die aus Kunststoff, kann also nicht rosten - da stört uns das nicht so arg.
Wir fahren zur Sommerresidenz der Zaren nach Kolomenskoje. Kaum angekommen fängt es natürlich an zu regnen.
Die Bauten hier sind nicht so überwältigend, dafür gefällt uns die riesige Parkanlage und der Blick über die Moskwa auf das Stadtzentrum. Weil Andreas mich die vielen Treppen den Berg hinauf gescheucht hat, kommt er jetzt ohne ein Klagewort mit auf den kleinen Friedhof. Es schließt sich eine große Apfelplantage an, die von den Moskauern intensiv genutzt wird. Viele Jungen und Männer klettern in den Bäumen herum, junge Mädchen versuchen, Äpfel herunter zu werden und einige ältere Leute sind mit selbstgebauten Apfelpflückern (einer halbierten Plastikflasche befestigt an einem langen Stab oder einer Angel) bei der Arbeit.
Wir genießen den Herbst auf unserem ausgedehnten Spaziergang, lassen die Äpfel den Moskauern - und jetzt scheint auch wieder die Sonne.
 

[Wieder was dazu gelernt: der Holzpalast, den wir am 10.9. besucht haben, stand ursprünglich hier in Kolomenskoje. Andreas hat ein altes Bild entdeckt.]
 

25.9.2011
Eigentlich hatten wir heute vor, zum Palast des Grafen Scheremetjewo zu fahren. Gelandet sind wir auf dem Allrussischen Ausstellungsgelände. Einen guten Parkplatz finden wir direkt hinter der russischen Ausführung unseres Santa Fe, der hier BLOCK heißt. Ist schon nett, mal den Vergleich zu sehen.
Der Empfang ist absolut sehenswert: eine Denkmalrakete mit langem Schweif erinnert an den russischen Sputnik. Das folgende Eingangstor sieht dem Brandenburgischen in Berlin ein bisschen ähnlich. Und dann werden wir in verschiedenen Pavillons mit den Warenangeboten der ehemaligen Sowjetrepubliken, die von den goldenen Damen am Brunnen im Zentrum symbolisiert werden, bekannt gemacht. Erst kommt uns das Ganze eher wie ein riesiger Kitsch- und Kramverkauf vor; aber spätestens bei den Pelzhändlern und Juwelieren sehen wir ein, dass da doch Qualität erstanden werden kann. Als wir den letzten Pavillon verlassen, hat es mal wieder angefangen zu regnen.
Da wir zufällig direkt neben der "Monorail" geparkt haben, müssen wir diese auch gleich mal ausprobieren. Die Strecke von einer Endstation zur nächsten dauert etwa ein Viertelstunde. Wir kommen am großen Fernsehturm und dem Telezentrum vorbei. Ansonsten gibt es nicht viel zu entdecken. Aber an manchen Stellen fährt die Bahn so verdächtig langsam, dass wir spontan beschließen, uns dieses zweifelhafte Vergnügen nicht noch einmal zu gönnen.
 
27.9.2011
Heute fahren wir dann wirklich nach Kusskovo zum Palast des Grafen Scheremetjewo. Leider ist die Anlage geschlossen. Ein freundlicher Securtiy-Mensch erklärt uns, dass hier nur von Donnerstag bis Sonntag geöffnet ist. Wir spazieren also durch den anliegenden Park, das Schloss sehen wir von der gegenüberliegenden Seeseite aus. Viel mehr wollten wir auch gar nicht. Im Schloss ist eine Porzellansammlung untergebracht, die uns beide nicht interessiert.
Auf der Fahrt nach Hause haben wir einen gemeinsamen "Aha-Effekt" -- der "Eiserne Mann" steht auf dem Gagarin-Platz; wir vermuten also, dass dies dann ein Juri-Gagarin-Denkmal ist. Gleich nebenan komme ich endlich dazu, Fotos von der Akademie der Wissenschaften mit den beiden "goldenen Gehirnen" zu schießen. Am Kraftwerk geraten wir in den Feierabendverkehr, stehen wieder mehrere Kilometer weit im Stau und wundern uns (da wir uns ja nicht ärgern) über einige russische Fahrgewohnheiten. Die meisten Autofahrer warten aber genauso brav wie wir. Kurz vor dem Ziel gibt es in der Mitte des Leninprospekts noch eine kleine Ägyptenerinnerung!
 
29.9.2011
Mit der Straßenbahn fahren wir zum Danilow-Kloster. Es ist recht unscheinbar aber dennoch interessant. Eine Menge gläubiger (insbesondere alte) Menschen strömen grad zum Gottesdienst. Wir werfen einen neugierigen Blick hinein, ziehen uns dann aber doch respektvoll und bescheiden zurück.
Auf dem Heimweg bummeln wir durch ein nobles Einkaufszentrum, eine bunte Markthalle (zwielichtig aussehende Händler wollen uns eine Flasche Granatapfelsaft für 1.200 Rubel verkaufen und fordern uns zum Handeln auf, als wir das entschieden ablehnen) und einen gut sortierten und recht günstigen Supermarkt. Es macht Spaß - wir fühlen uns einfach nur wohl.
 
zum Oktober  

 

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