Gaia-Percussion

Reisen

Russland 2011

Planung ˡ Anfahrt ˡ Moskau ˡ Dornburg/Zerbst ˡ St. Petersburg

Der russische Mensch liebt das Vielleicht, das Ungefähr und das Irgendwie.
russisches Sprichwort

3.11.2011
Die Zeitplanung funktioniert perfekt: 12.35 Uhr Feierabend, 12.45 Uhr an der Metro, 13.20 Uhr am Leningrader Bahnhof, 13.25 Uhr im Zug, der pünktlich 13.45 Uhr abfährt und fast pünktlich 22 Uhr in St. Petersburg am Moskauer Bahnhof ankommt.

Wir haben ein Zimmer im Hotel Rinaldi Hamony gebucht und nachdem wir nur einmal daran vorbei gelaufen sind, finden wir die unscheinbare Tür doch ohne weiteres Suchen. Obwohl uns das Treppenhaus einen gewaltigen Schrecken einjagt, sind wir mit unserem Zimmer, das schlicht, aber in Ordnung ist, sehr zufrieden.
Wir legen nur schnell die Sachen ab, stürzen uns den Newski-Prospekt entlang in die St Petersburger Nacht und genießen ein grandioses Feeling. Die Häuser sind so schön, dass ich jedes einzelne fotografieren könnte. Je weiter wir gehen, desto prachtvoller wird es. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus und bleiben ständig mit offenem Mund stehen. Müdigkeit und schmerzende Füße ignorieren wir und wandern bis zum Winterpalast. Es ist einfach fantastisch! Unser Plan, auf dem Rückweg ein Stück mit der Metro zu fahren, funktioniert leider nicht, weil die hier schon um halb 1 schließt. Wir laufen also tapfer zurück zum Hotel und fallen gegen halb 2 todmüde in die Betten.
 
4.11.2011
Als der Wecker um 8 klingelt, ist es noch stockdunkel - es macht sich bemerkbar, dass die Russen beschlossen haben, bei der Sommerzeit zu bleiben und die Uhr nicht wieder zurück gestellt haben. Das Frühstück ist gewöhnungsbedürftig - per Selbstbedienung aus Verpflegungstüten - aber auch ok.
In der Metro erleben wir, was wir bisher nur erzählt bekommen haben. Die Gleise sind hinter Wänden versteckt, in denen sich automatische Türen nur öffnen, wenn der Zug steht. Wir haben beide das Gefühl, als würden die Leute alle auf Fahrstühle warten.
Auf dem Newskij-Prospekt ist der Zauber der Nacht natürlich vergangen. Wir spazieren an einem Kanal entlang in Richtung der Auferstehungskirche, die der Moskauer Basilika äußerst ähnlich sieht. Für eine Besichtigung sind wir aber zu früh dran.
Dafür kommen wir gerade richtig zum Winterpalast und müssen nur etwa eine halbe Stunde warten, bis wir in das schönste Museum eingelassen werden, das wir je gesehen haben und diesmal gehe ich kein Risiko ein, sondern kaufe mir gleich ein Fototicket.
Wir beginnen (natürlich!) mit der ägyptischen Ausstellung, die uns aber nicht mehr so sehr begeistern kann.
Dafür tun dies aber die Stücke der alten Griechen und Römer um so mehr.
Die Kunst der Italiener,
Flamen,
Franzosen und
Russen ist auch faszinierend, aber in der Menge kaum zu fassen.
Der asiatische Bereich ist recht klein und nichts besonderes.
In der Menge der Gemälde finden wir einige schöne Porträts, konzentrieren uns aber auf die Maler, von denen wir schon mal was gehört haben, wie z.B. Auguste Renoir, Claude Monet und Paul Cézanne.
Mich begeistern am meisten die Palasträume in ihren prachtvollen Einrichtungen.

Und mein vorbildliches Fototicket hat niemanden interessiert.

Der Ausgang der Eremitage führt uns direkt zur Newa, wo wir die nächste Schiffsanlegestelle suchen und prompt finden. Eine Stunde lang fahren wir auf dem Fluss und den anliegenden Kanälen durch unzählig viele Brücken und bewundern die Gebäude an den Ufern. Leider wird uns dabei so kalt, dass wir uns für die letzten zehn Minuten in den geheizten Innenräumen verkriechen müssen.
Dadurch verpassen wir einen tollen Blick auf die Isaaks-Kathedrale. Da müssen wir jetzt also noch zu Fuß hin, um sie uns genau anzusehen. Wieder stehen wir staunend vor dem Gebäude. Nach langem Hin und Her entscheiden wir uns für eine Besichtigung und stellen uns an der Kassenschlange an. So, wie ich es bisher von Russland kenne, dauert es wieder ewig! Die Frau im Häuschen schafft es aus irgend einem Grund nicht, Karten zu verkaufen. In fünf Minuten kommen wir keinen Schritt vorwärts. Ich kaufe die Tickets schließlich an einer benachbarten Kasse, die nur für organisierte Gruppen reserviert ist - aber das kann ich natürlich wieder nicht lesen. Die nette Dame nimmt keinen Anstoß daran, dass ich nur 2 Tickets möchte. Unsere "alte" Schlange steht immer noch unverändert.
Für die Beschreibung des Innenraums fehlen mir die Worte - da helfen nur Fotos, die wir hier ohne Einschränkung knipsen dürfen (leider ist mein Akku fast leer) - aber wir wissen ja schon, dass auch Bilder diese Eindrücke nicht wirklich einfangen können.
Auf der Suche nach einem leckeren Abendessen entscheiden wir uns gegen das Astoria-Hotel und landen in einer kleinen "Stolowaja" bei einfachem, typisch russischem, gut gewürztem Futter. Andreas entscheidet sich für Nudeln mit Gemüse und Schweinefleisch; ich nehme Kartoffelpüree mit Hühnchen in einer gemüsigen Tomatensoße. Zum Nachtisch teilen wir uns verschiedene Tscheburek und Piroggen. Leider gibt es keine einheimischen Biersorten, deshalb trinken wir "Cholsten".
Auf dem Heimweg bummeln wir über Hinterhofmärkte und durch Einkaufspassagen.
An der Rezeption unseres Hotels scheint heute die Chefin selbst zu sein, die ein gutes Englisch spricht und uns erstmal eine Registrierung für 400 Rubel aufdrücken will, was wir natürlich strikt ablehnen. Sie kontrolliert unsere Zahlungsbelege, die gestern noch niemanden interessiert haben und gibt uns dann gute Tipps mit Wegbeschreibung für den morgigen Tag. Am liebsten würde sie uns jetzt noch ins Theater schicken; aber dafür reichen die Kräfte nicht aus. Außerdem haben wir doch auch gar nicht die passende Klamotte mit. (Schließlich sind wir ja nur mit zwei Rucksäcken auf Reisen - und einer davon war voll mit Proviant -- 6 Büchsen Bier, belegte Brote, gekochte Eier und Schokolade - danke Mama für die gute und praktische Tupperware!)
Ich nutze lieber den hauseigenen Rechner für eine kurze Internetrecherche der vorgeschlagenen Ziele (die Entscheidung für morgen fällt auf den Katharinenpalast), einige E-Mails und Geburtstagsgrüße in die ferne Heimat und natürlich auch ein Lebenszeichen bei Facebook ("Die Füße tun weh vom Wandern durch St Petersburg - aber es ist einzigartig, fantastisch und die durchgelaufenen Schuhe wirklich wert!!!")
5.11.2011
Wie von unserer Rezeptionistin empfohlen fahren wir mit der Metro zur Puschkinskaja
und nehmen dann einen Elektrozug ins 25 km entfernte Puschkin. Die Fahrkartenverkäuferin macht uns gleich noch für drei junge asiatische Frauen verantwortlich, die nur englisch sprechen. Dass unsere Station "Zarskoje Selo" heißt, weiß ich zum Glück durch die gestrige Internetrecherche. Im Lonely-Planet-Buch der Mädels steht, dass wir den Marschrout-Bus Nr. 371 nehmen sollen; es hält einer mit der Nummer 571 und der bringt uns auch zum Katharinenpalast.
Obwohl wir kuschlig angezogen sind, steigt uns nach einer Stunde Wartezeit die Kälte in die Glieder und die Geduld wird durch eigenartige Mitmenschen, die sich an uns vorbei drängeln, um sich vorn anzustellen, arg strapaziert. Im Palast kriegen wir relativ schnell ein Ticket, stehen dann aber an der Garderobe. Da alle Plätze belegt sind, warten wir, bis genug Leute mit der Besichtigung fertig sind und ihre Sachen wieder abholen. Mit etwas Erleichterung stellen wir fest, dass auch die Russen inzwischen genervt genug sind und die dauernden Vordrängler ans Ende der Schlange schicken.
Nach einer halben Stunden sind wir die Jacken los und können uns jetzt am Eingangskontrollpunkt anstellen. Sämtliche Reisegrupppenleiter sind der Meinung, dass sie mit ihren Leuten an uns vorbei gehen können, bis Andreas die Nase voll hat und den Weg versperrt. Der nette junge Mann am Eingang bemerkt, dass wir zu keiner Reisegruppe gehören und lässt uns schnell durch. Ich bin innerlich ganz schön gestresst, erhoffe mir zur Belohnung und Entspannung eine tolle Palastbesichtigung, werde aber mächtig enttäuscht - versuche mich mit hemmungsloser Knipserei bei Laune zu halten.
Ich weiß nicht, woran es liegt, ob wir inzwischen einfach übersättigt sind oder die anderen Sehenswürdigkeiten nur schöner waren - nicht einmal das Bernsteinzimmer kann uns begeistern.
Ich finde alles langweilig, bin total frustriert und beruhige mich erst wieder bei einem Spaziergang durch die wirklich schöne Parkanlage, die uns (inklusive des zahmen Eichhörnchens) sehr an das Wörlitzer Gartenreich zu Hause erinnert.
Wieder zurück in St Petersburg haben wir noch genug Zeit für die beiden Kirchen, die wir bisher nur von außen kennen.
Die Kasaner-Kathedrale wird von Gläubigen genutzt, der Besuch kostet deshalb keinen Eintritt. Und hier sehen wir wieder fantastische Malereien und Reliefs an den Decken und Wänden.
Die Auferstehungskirche, die der Moskauer Basilika so sehr ähnlich sieht, wird (während wir da sind) nur als Museum genutzt. Hier sind die Wände und Decken mit wunderbaren Mosaikarbeiten gestaltet - und - wir dürfen alles filmen und fotografieren!
Der Heimweg ist lang; es ist kalt; wir sind geschafft und müde, gönnen uns deshalb unterwegs in gemütlichen russischen Kneipen kleine Stärkungen und kommen so recht wohlgemut und rund gefuttert wieder in unserem Hotel an.
 
6.11.2011
Auf dem Moskauer Bahnhof in St Petersburg sehen wir den "Sapsan"-Schnellzug, der nur reichlich 3 Stunden für unsere Strecke  braucht - den werden wir uns wahrscheinlich beim nächsten Mal leisten. Jetzt sind wir erst einmal gespannt auf unseren Zug, für den das Ticket fast doppelt so teuer war, wie das für die Hinfahrt. Und tatsächlich: wir können unsere Sitze zu einer Liegefläche umfunktionieren und darüber eine Liege von der Decke herunter klappen. Es gibt für jeden eine Matratze, eine Decke, ein Kopfkissen, die entsprechenden Bezüge und sogar ein kleines Handtuch.
Es tut gut, sich auf der langen Fahrt ausstrecken zu können. Aber wir merken schnell, warum die Fahrkartenverkäuferin uns am Montag fragte, ob die wir die letzten Tickets am Ende des Wagons wirklich haben möchten: direkt neben meinem Kopf ist die Tür zum Toiletten- und Raucherbereich, die stark frequentiert wird und leider nicht leise geschlossen werden kann.

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