Gaia-Percussion

Reisen

Russland 2013

Moskau ˡ Nischni Novgorod ˡ Schwarzes Meer

Der Adler fliegt nicht höher als die Sonne.
russisches Sprichwort

Samstag, 26.10.2013
Nachdem die letzten 8 Wochen trübe und grau - lediglich von einem sonnigen Wochenende unterbrochen waren, beschließen wir, in unserer Urlaubswoche noch ein bisschen Licht und Wärme zu tanken, bevor der lange Winter beginnt. Moskaus Stau rollt träge dahin, so brauchen wir eine Stunde, bis wir endlich in Richtung Süden rollen. Wir nehmen die schnellste Route, akzeptieren dafür diverse Mautstationen und kommen auf einer richtig guten Autobahn zügig voran. Die Landschaft ist recht langweilig, aber auf den frisch gepflügten Feldern sehen wir so weit das Auge reicht die typische tiefschwarze Erde. Einige Äcker tragen frisches Grün. Und welche Farbe haben die Kühe, die auf den Wiesen weiden? - Natürlich tiefschwarz! Nach dem Sonnenuntergang wird das Fahren anstrengend; auf einer neugebauten in beide Richtung dreispurigen Straße ohne jegliche Fahrbahnmarkierungen fühle ich mich wie in einem Autoscooter, außerdem habe ich auch kein Vertrauen in die Fahrtüchtigkeit so manchen Lenkers - einige Autos nutzen die ihnen zur Verfügung stehende Spurbreite verdächtig weit aus.
Wir halten am nächsten Motel und haben damit so richtig Glück gehabt. Das Zimmer für 1200 Rubel (ca. 30 €) ist gemütlich eingerichtet und das Bad bis auf einige wackelnde Fliesen vollkommen in Ordnung. Wir nutzen die anliegende Stolovaja für das Abendessen und sind mit Suppe, Schaschlik, Fisch und kühlem Bierchen dazu rundum zufrieden.
 
Sonntag, 27.10.2013
Nach einem sparsamen Frühstück mit Salat und Kaffee für Andreas und einem Stückchen Kuchen für mich fahren wir bei strömendem Regen weiter. An einer Stelle nimmt die Landschaft interessante Formen an: rechts und links der Straßen erheben sich Hügel aus weißem Stein - eine der anliegenden Ortschaften nennt sich Bjelogorje - was so viel heißt wie Weißenfels (der Name von Schatzis Heimatstadt in Deutschland). Bis zu unserem ersten Ziel Rostow am Don tauchen plötzlich eigenartige Angaben auf den aufeinander folgenden Schildern auf: noch 307 km, 298 km, 427 km, 274 km, 259 km, 274 km, 259 km, 264 km, 233 km - da ist wohl etwas durcheinander geraten. Ab der Ausschilderung von 232 km stimmt es dann wieder. Für die Stadt selbst wollen wir uns nicht allzu viel Zeit nehmen, fahren ein Stück durch eine charmante Altstadt, die jedoch den Eindruck erweckt, als würde sie so langsam aber sicher in sich zusammen fallen. Die Uferpromenade des Don dagegen wirkt sehr nobel. Auf einen Spaziergang hätten wir ja vielleicht Lust gehabt, fühlen uns aber etwas deplatziert, fahren also weiter.
Um eine große Kirche herum ist ein schöner Bauernmarkt - hier finden wir aber leider keinen Parkplatz. Wohl oder übel verlassen wir Rostov am Don in Richtung Krasnodar - also weiter nach Süden. Von der Organisation des Verkehrs und den Autobahnen sind wir wie vom Fahrverhalten positiv überrascht.
In regelmäßigen Abständen sind Müllcontainer ausgeschildert - mit Erfolg: die Straßen sind wirklich auffallend sauber. Je später es wird, desto dunstiger wird es; ein Schleier hängt über den Feldern, der scheinbar nicht wetterbedingt ist, sondern daher rührt, dass die Stoppeln abgebrannt werden - zumindest riecht es so (jetzt weiß ich auch, warum die Erde so schwarz ist). Nun geraten wir doch noch in einen Baustellenstau, schaffen es deshalb nicht mehr bis nach Krasnodar und suchen uns ein Motel.
Das Solotaja Korona (Goldene Krone) vermietet seine Zimmer stundenweise oder für die ganze Nacht - wir entscheiden uns für letzteres und bezahlen 1600 Rubel (ca. 40 €). Die anliegende Stolovaja gefällt uns nicht, nebenan gibt es noch einige gemütlicher aussehende Einkehrmöglichkeiten. Wir lassen uns in eine Kneipe locken; das Essen (Tomaten- und Gurkensalat, Chartscho, Ljulja-Kebab) ist ok aber viel zu teuer und Gemütlichkeit stelle ich mir dann doch anders vor. Für Andreas gibt es im Nachbarladen noch einen leckeren Tscheburek als "Nachtisch".
 
Montag, 28.10.2013
Es gibt heute kein Frühstück; wir fahren durch Krasnodar - anstatt einer schönen oder interessanten Stadt erleben wir Stau. Deshalb haben wir keine Lust mehr, weiter herum zu kurven und fahren zielgerichtet zum Schwarzen Meer.
Unterwegs kommen wir durch die Gegend "Gorjatschij Kljutsch" (Heißer Schlüssel) - das gefällt mir ja besonders gut.
Die Jahreszeitenuhr scheint zurück gedreht - wir befinden uns im Spätsommer/Frühherbst. Viele Bäume sind noch grün. Auf Serpentinen mit starken Steigungen und eben solchen Neigungen tuckern wir den LKWs und Bussen hinterher.
Straßenverkäufer bieten Äpfel und orange Früchte an, von denen wir eine zum Probieren kaufen. Den russischen Namen kennen wir nicht, aber sie sieht fast wie eine große Kaki aus (das wird später auch von Mama und Wikipedia bestätigt). Wir schälen und essen sie gleich - sicher ist sie sehr gesund - so schmeckt sie jedenfalls. Nochmal kaufen wir keine.
Auf der Weiterfahrt erhaschen wir zwischendurch immer mal einen tollen Blick aufs Meer hinunter, bis wir endlich gegen Abend in Sotschi ankommen. Vor dem Dunkelwerden wollen wir noch ein bisschen von der Stadt sehen, halten deshalb gegenüber eines recht schönen Parks und finden uns inmitten einer Hotellandschaft wieder. Kurzentschlossen leisten wir uns ein Zimmer für 5900 Rubel (fast 150 €), machen uns aber von dem Bezug doch erst einmal auf den Weg.
Der Park ist schnell durchquert; durch finstere Straßen und Baustellen suchen wir uns zur Hauptstraße zurück; die Fußgängerunterführung wird gerade saniert - ist nicht begehbar - und ich bin so stolz auf unser beider Vernunft - wir setzen uns nicht der Gefahr aus, über die Straße zu flitzen, sondern gehen zurück zum Ausgangspunkt, um sicher auf die andere Seite zu gelangen.
Nach der Wahl des Nobelhotels brauchen wir eine günstige Einkehr - finden eine Stolovaja und zum Nachtisch noch ein Caféteria. Ein Bummel am Strand ist leider nicht möglich. Die Zugänge zum Meer sind vollständig von Hotelanlagen oder Restaurants verbaut. Wir spazieren also die Uferpromenade entlang und empfinden beide, dass es kein Flair hat. In den Geschäften werden Kleidung und Souvenirs angeboten, aus den wenigen Bars schallt überlaute Musik, die uns keineswegs einlädt; ein Schlepper versucht, uns auf eine Restaurantboot zu locken. Uns fällt auf, dass die Sotschier nur unzureichend auf ausländische Touris eingestellt sind - ausschließlich eine junge Frau im Hotel konnte bisher ein bisschen Englisch sprechen. Den Zugang zu unserem Hotel finden wir, obwohl es das kleinste zwischen all den riesigen Neubauten ist, auch vom Meer her ohne Probleme.
Das Zimmer hat die vielen liebenswerten Extras, wie Bademantel (leider nur einen), Hausschuhe, Betthupferl, kostenloses Wifi, einen groooooooßen Fernseher, Fön, Einwegrasierer und -zahnbürsten, dabei jedoch auch einige ABERs: das Wasser wird nicht richtig warm, die Wanne ist zu klein, es gibt nur russische Sender (wir finden einen mit tollen Tieraufnahmen), die Elektronik der Lüftung fällt bei der ersten leichten Berührung auseinander (Andreas repariert), die Wände bestehen aus dünnstem Material - der Nachbar kracht dagegen, was bei uns zu einer enormen Betterschütterung führt.  
Andreas entziffert und versteht die russische Karte vom Zimmerservice und stellt hinterher dann fest, dass es die sogar zweisprachig gibt.
 
Dienstag, 29.10.2013
Das Frühstück ist topp - mit Grießbrei, Haferbrei, Milchreis, warmem Buffet, Weiß- und Schwarzbrot, Wurst, Käse, Honig, Mamelade, Müsli, Milch, verschiedenen Jogurt-Sorten, Salaten, Obst, Kuchen, Saft, Tee und Kaffee. Wir spazieren noch einmal kurz ans Meer hinunter.
Auch bei Tageslicht gewinnt die Promenade nichts; also verlassen wir Sotschi und kurven etwa 300 km weit die Serpentinen zurück, bevor wir den Kurs in Richtung Ukraine wechseln. Je westlicher wir kommen, desto herbstlicher wird es.
Die Landschaft ist total schön - bunt bewaldete Kalkberge ragen bis fast direkt ans Wasser heran. Wir genießen die Fahrt mit dieser tollen Aussicht und dem Blick aufs Meer.
Die nächste größere Stadt Noworossisk hält wieder den obligatorischen Stau für uns bereit. Mehrere Zementwerke schicken ihre LKWs auf die Piste und ihre Mitarbeiter in den Feierabendverkehr. Wir wollen den Ort ein Stück hinter uns lassen, bevor wir uns eine Unterkunft suchen, leider finden wir dann keine mehr. Ein fantastischer Sonnenuntergang kündet die Dunkelheit an und wir sind immer noch unterwegs. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als bis zur Fähre weiter zu fahren, die uns über die Meerenge zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer zu bringen, die Russland von der Ukraine trennt.
Das GPS führt uns nach Port Kawkas - hier gibt es keine Fähre, nur Armeegelände. Ich traue mich, einen jungen uniformierten Mann anzusprechen, der mir die knappe Auskunft erteilt: Nasad! Dwa kilometra! (Zurück! 2 Kilometer!) Hier finden wir dann auch den Morskoij Woksal (Meeresbahnhof). Es ist inzwischen 20 Uhr und um 22.30 Uhr soll es los gehen.
Kurz nach halb 10 wird die Schranke geöffnet - wir dürfen als Diplomaten in unserem Auto bleiben. Die Beamten können mit unseren Dienstpässen nicht viel anfangen und stellen jede Menge Fragen, die ich zum Glück verstehe und auch beantworten kann (warum wir keine Registrationskarte haben, wann wir das letzte Mal nach Russland eingereist sind, ob wir zum ersten Mal in die Ukraine fahren, ...). Nachdem sie einen Blick durch jede Autotür geworfen haben, sind sie zufrieden und lassen uns passieren. Von der Überfahrt sehen wir im Dunkeln leider nicht viel. Nachdem sich auch die ukrainischen Beamten ausgiebig mit unseren Pässen herum geplagt haben, bleiben wir gleich hinter der Grenze zum Übernachten auf einem Parkplatz stehen. Obwohl die Tage sonnig und warm sind, ist es nachts doch empfindlich kalt. Mit Winterschlafsäcken und Strümpfen schlafen wir dennoch gut in unserem Hyundai-Motel.
 
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