Gaia-Percussion

Reisen

Polen/Baltikum 2011

Polen ˡ Litauen ˡ Lettland ˡ Estland ˡ Lettland

 

In Richtung Russland fahren wir als erstes durch Polen. Wir freuen uns auf die Ostseeküste, die Masuren und sind gespannt, was wir noch alles so entdecken werden. Unser Auto ist voll gepackt. Das macht uns schon ein wenig Sorgen - wir werden es also immer gut im Auge behalten. Danach geht es weiter durch die drei baltischen Staaten (zum Glück kann man sich die Reihenfolge gut merken, weil sie tatsächlich absteigend nach dem Alphabet sortiert sind): Litauen, Lettland, Estland
Für den Grenzübergang nach Russland fahren wir dann allerdings wieder nach Lettland zurück.


Das Ende krönt das Werk.
polnisches Sprichwort

26.7.2011 – 416km
Wir haben uns gestern Abend beim chinesischen Buffet den Bauch so voll geschlagen, dass wir beide schlecht geschlafen haben. So stehen wir schon um 7 auf und haben deshalb viel Zeit, um die Tour ganz in Ruhe zu beginnen. Als dann die Fahrräder aufgeschnürt und auch die Waschtaschen noch verstaut sind, kann es gegen halb 11 in Richtung Berlin auf die Reise gehen. Der Stopp beim Auswärtigen Amt dauert zum Glück nicht lange; Andreas' Dienstpass ist tatsächlich fertig. Beim Verlassen Berlins stellen wir im GPS die kürzeste Strecke ein und wollen Hauptstraßen vermeiden. So kurven wir auf kleinsten Landstraßen entlang nach Polen. Das wollen wir!! Dabei entdecken wir, dass das Land Brandenburg vermutlich König der fest installierten Blitzer ist – also schön brav die vorgegebene Geschwindigkeit einhalten!!
Kurz hinter der Grenze tauschen wir in ungünstigem Kurs von 1 : 3,90 einige Euro in Zloty.

Hauptziel ist zunächst die Ostsee. Wir sind erstaunt, dass wir hier schon einen Zipfel der Masuren streifen. Auffällig häufig sind unterwegs die Storchennester (meist mit vier schon fast gleich großen Bewohnern), Songs der Saragossa-Band im Radio und Fußgängerüberwege! (Ich glaube aber, ich bin die einzige, die anhält – der hinter uns musste ganz schön auf die Bremse treten, so hab ich ihn damit überrascht. Warum gibt es nur so viele Überwege, wenn die Autofahrer sie sowieso geflissentlich ignorieren??)

Die Straßen sind zum großen Teil wunderbar neu asphaltiert (mit Fördermitteln der Europäischen Union); es gibt aber auch noch viele Holperpisten. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen sind zwar etwas nervig – aber IMMER berechtigt (auch wenn keine Blitzer warten!). Gegen 19 Uhr merken wir schon, dass es langsam dunkel wird. Also halten wir Ausschau nach einem geeigneten Übernachtungsplatz, den wir am Rand eines Maisfeldes finden. Nach einem leckeren Abendessen aus der Kühlbox kann ich mich in Ruhe um mein Tagebuch kümmern und den Sonnenuntergang genießen, während sich Andreas damit plagt, die Mückennetze zu befestigen. Eigentlich geht es gar nicht; aber irgendwie schafft er es dann doch – so kenn ich ihn! (An den Stellen, die nicht halten, arbeite ich noch mit etwas Tesafilm nach!)

Weil es feucht und kühl wird, setzen wir uns ins Auto und amüsieren uns köstlich über die ausgesperrten Mücken, die sich an unseren Netzen die Nasen platt drücken – keine Chance! (zumindest hier und jetzt nicht)
 

27.7.2011 –  (+ 274km) 690km
Die kleine Sackgasse, auf der wir gestern Abend in unser Maisfeld gefahren sind, scheint sich in den frühen Morgenstunden zu einer Hauptverkehrsstraße zu entwickeln. Ein Auto bleibt stehen; der neugierige Pole muss ganz nah heran kommen, um durch unsere getönten Scheiben sehen zu können und steht mir sozusagen „vis a vis“ gegenüber. Es stört ihn aber nicht, dass wir dort schlafen – er zieht in Ruhe seines Wegs. In der ersten Ortschaft, durch die wir fahren, weist uns ein polnischer Fußgänger durch einen kleinen Fingerzeig (im wahrsten Sinne des Wortes!) darauf hin, dass wir das vorgeschriebene Tagfahrlicht vergessen haben. Da werd ich mir wohl einen kleinen Zettel aufs Lenkrad kleben müssen!

Der erste Teil unserer heutigen Fahrt ist äußerst baustellenlastig. An etwa 10 Ampeln (gefühlt waren es weit mehr!) warten wir jeweils etwa 5 Minuten (gefühlt war es weit mehr!) und schaffen es dennoch, nach fast 2 Stunden an der Ostsee zu sein. Die Orte sind touristisch voll erschlossen. Nach langer Suche finden wir aber doch einen kostenlosen Parkplatz mit direktem Strandzugang. Obwohl es recht kühl und windig ist, sind unheimlich viele Menschen am Strand. Wir beobachten, wie ein „Piratenschiff“ in See sticht und fahren dann lieber weiter, um uns ein gemütliches Plätzchen fürs Mittagessen zu suchen. Eingekehrt wird noch nicht – zuerst muss das gute deutsche Vollkornbrot gegessen werden - mit guter Thüringer Knackwurst und leckerem Ziegenkäse.

Wir würden so gern eine Nacht direkt an der Ostsee verbringen und fahren deshalb auf einem kleinen total holprigen und ausgewaschenen Weg durch den Küstenwald. Für solche Straßen haben wir dieses Auto gekauft! Ich fahre im Schritttempo und lasse die Radfahrer überholen. Klappt auch gut, nur unser Fahrradgepäckträger setzt ab und zu mal auf. Ans Wasser kommen wir leider nur zu Fuß; da es inzwischen kräftig regnet, sind nur wenige Strandbesucher da. Wir finden eine Lichtung, auf der Einheimische campen. Da stellen wir uns doch einfach mit dazu. In null komma nix sitzen wir unter unserem Schirm mit am Lagerfeuer, teilen erst unser Futter und später die Getränke. Von den Polen gibt es Wodka und Beerenwein. Wir stellen Rum und Radeberger Kräuterlikör auf den Tisch. Die Kommunikation funktioniert mit einem Geholper aus polnischen, russischen, deutschen und englischen Brocken. Die Runde wird immer größer und immer lustiger. Je feuchter die Kehlen werden, desto mehr Vokabeln fallen uns aus längst vergangenen Schulzeiten ein – schließlich haben wir alle mal russisch gelernt! Gegen Mitternacht ziehe ich mich dann trotz vehementer Proteste zum Schlafen ins Auto zurück. Andreas feiert noch weiter, bis es hell wird. An viel mehr kann er sich aber nicht erinnern.
 

28.7.2011 –  (+ 265km) 955km
Wir verabschieden uns von unseren polnischen Nachbarn und sind froh, nach der Holperei wieder auf bessere Straßen zu treffen. Die Freude währt aber nur kurz: Was dem gestrigen Tag die Baustellen waren, sind dem heutigen die Staus. 5 mal erwischt es uns, dass wir kilometerweit nur zwischen vollkommenem Stillstand und Vorwärtszuckeln im 1. Gang wechseln. So kommen wir mühsam bis nach Gdansk – schauen uns die (wirklich schöne!) Stadt aber nur durchfahrend an, weil wir unser bepacktes Auto nicht unbeaufsichtigt lassen wollen.

[Von unseren 5 Reisetaschen und meiner prall gefüllten Schultasche abgesehen haben wir für den Umzug nach Moskau eingepackt: eine Couch (zum aufblasen), 2 Betten (Platz sparende Klappmatratzen), 2x Bettzeug (je 2 Sommer- und Winterschlafsäcke, die wir erst einmal als Kopfkissen und Decke nutzen), einen Tisch (guter alter DDR-Campingklapptisch), 2 Sessel (klappbare Regiestühle), außerdem einen Benzinkocher + Topf, Pfanne und Besteck für 6 Personen (es könnten ja mal Gäste kommen), eine große Alukiste mit unseren beiden Laptops und allen möglichen anderen elektronischen Notwendigkeiten, 10 – jetzt nur noch 9 – Flaschen Radeberger Likör, 3 – jetzt nur noch 2 – Flaschen Rum und natürlich die beiden Fahrräder - nicht zu vergessen: wir schlafen auch noch mit im Auto!]

In Malbork umrunden wir die tolle mittelalterliche Festung nur mit dem Auto. Hier sind die Parkplätze zwar kostenpflichtig und somit bewacht; aber dazu haben wir auch nicht das richtige Vertrauen.

Hunger! Leider regnet es mal wieder in Strömen und das Futter ist so gut verpackt, dass wir nicht von innen da ran kommen. Wir fahren also weiter, bis es wieder heller und trockener wird und halten dann an einem nicht wirklich gemütlichen Platz direkt an der Straße. Endlich – kurz nach 18 Uhr – Frühstück!!!

Gut gestärkt erreichen wir am Abend noch die Masuren. An unserem heutigen Schlafplatz werden wir so von Mücken umschwirrt, dass wir unsere Betten lieber bauen, ohne die Türen zu öffnen – geht  alles! Die Wiese ist voller Insekten, die uns aus Leibeskräften eine Kleine Nachtmusik zirpen, summen, sirren, brummen …
 

29.7.2011 –  (+ 372km) 1327km
Ich liebe es! – Ein kurzes Schwätzchen nach dem Aufwachen, Schlafsäcke einpacken, Sitze aufrichten, Zähne putzen, eine kleine Katzenwäsche mit Feuchttüchern – dieses Prozedere dauert nicht einmal eine halbe Stunde und schon sind wir wieder auf der Straße. Die Sonne lacht, keine Baustellen, keine Staus – ein herrlicher Tag! Auf dem Weg durch die Masuren sind die immer kleiner werdenden Straßen oft mit dem Laub der Alleebäume überdacht und irgendwann müssen wir sie nur noch mit den Kühen teilen, die von Rad fahrenden Bauern nach Hause getrieben werden. Mich faszinieren immer wieder die vielen Störche. In manchem Ort hat so gut wie jedes Haus ein eigenes (belegtes) Nest; sie sitzen auf Dächern, stolzieren über Wiesen – zum Glück hat mich aber keiner ins Bein gebissen!

Das erste Picknick gibt’s heute schon zur Mittagszeit – zwar direkt an der Straße, dafür aber mit einem genialen Ausblick.

In Reszel entdecken wir eine wunderbar erhaltene Burg eines deutschen Ritterordens. Der Eintritt kostet pro Person 3 Zloty (0,75€), der Wärter passt auf unser Auto auf – so können wir in aller Ruhe in die Folterkammer hinab steigen, dann die Aussicht vom Turm genießen und zum Abschluss noch leckeren Kakao und Kaffee trinken.

Nächster Halt ist in dem Wikingerdorf Galindia - die Schnitzereien und Skulpturen sind genial; ansonsten ist alles sehr halbherzig hergerichtet – Andreas' geübter Handwerkerblick erkennt schnell, dass die Gebäude nicht wirklich Holzhäuser, sondern nur normal gemauert und dann verkleidet sind. In den Innenräumen sind manchmal einfach nur Viertelstämme in irgendwelche Ecken gebaut – und das soll dann nach Wikingern aussehen? Wir bleiben nicht lange, genießen aber den Spaziergang am See entlang, weil wir ja doch schon ganz schön lange im Auto gesessen haben.

Kurze Lagebesprechung – etwa 250 km südlich von uns ist noch ein Nationalpark – wollen wir? Ja, wir wollen!! Der Weg führt uns schon fast an der weißrussischen Grenze entlang. Die Häuser in den Dörfern entsprechen haargenau unseren Vorstellungen des typischen Polens – uralt, aus Holz mit Blechdächern oder Holzschindeln (daneben meist nagelneue Autos) – aber auf jeden Fall schön!!

Als wir gegen Abend wieder einen geeigneten Schlafplatz suchen, denken wir, in einem Kiefernwald etwas Schönes gefunden zu haben. Hier umschwirren aber binnen kürzester Zeit so viele überdimensional große Pferdebremsen das Auto, dass wir schnell die Flucht ergreifen. Da die Gegend sehr dicht besiedelt ist, wird es schwierig und die Dämmerung droht. Schließlich landen wir auf einer Wiese, die gerade vom Abenddunst eingehüllt wird. Das Bild ist fantastisch; aber leider umkreisen uns in der Feuchtigkeit natürlich auch wieder viele Mücken. Während Andreas das Abendbrot bereitet, wird er trotz seiner Antibrumm-Vorsorge fast aufgefressen. Wir verziehen uns also schnell ins Auto. Im Gegensatz zu den Pferdebremsen sind die Mücken morgen Vormittag wenigstens weg!

Weil er wolkenlos ist, ist der Himmel sternenklar. Der große Wagen steht genau über uns und ich werfe einen letzten Blick auf die Kassiopeia, bevor ich einschlafe – ist DAS schön!
 

30.7.2011 –  (+ 271km) 1598km
Anhand der bebilderten Schilder erkennen wir, dass in dem Nationalpark, den wir uns ausgesucht haben, Büffel leben. Zum ersten Mal kommen unsere Fahrräder zum Einsatz. In der ersten Richtung, die wir einschlagen, fahren wir nur zu einigen alten Häusern und einem Museum, das wir uns nicht ansehen. In der zweiten Richtung versperrt uns eine Baustelle den Weg. In der dritten Richtung steht ein verwittertes Schild, auf dem in mehreren Sprachen steht, dass wir da nur mit einem ausgebildeten Führer lang dürfen – das haben wir nicht gesehen! Der eigentliche Nationalpark ist dann aber doch verschlossen und ein uniformierter Wächter erklärt uns in gutem Englisch, dass wir auf den Führer warten müssen. Dass würden wir eigentlich auch wollen, wenn da nicht die vielen Mücken wären, die schon wieder anfangen, an meinem Schatz rumzuknabbern. Wir verzichten also auf das Erlebnis, die Büffel (eigentlich ja Wisente) zu sehen und ich kaufe dafür eine schöne Ansichtskarte. Nach 4 Tagen im Auto hat uns die Radeltour sehr gut getan. Jetzt sind wir fit für die nächste Etappe – es geht nach Norden in Richtung Litauen. Unterwegs gibt es laut GPS noch einen Nationalpark.

Während des gesamten Nachmittags regnet es wieder in Strömen. Wo wir per Verkehrsschild eben noch vor Büffeln gewarnt wurden, werden jetzt plötzlich Elche angedroht. Auf der Straße vor unserem Auto erscheint aber weder das eine noch das andere.

Gegen Abend wird das Wetter dann besser. Wir gönnen uns ein Hotelzimmer und radeln erst einmal noch eine Runde durch den umliegenden Kiefernwald. Jetzt sind wir richtig reif für eine Dusche. Danach geht's zum Diner. Weil eine Hochzeitsgesellschaft die Räumlichkeiten belegt, werden wir gebeten, in einem Raum neben der Rezeption zu essen – dem einzigen Bereich mit Internetzugang – nicht wirklich Pech! Es gibt eine gute Suppe, Kartoffeln, Rotkraut, Möhren und mit Ei gefülltes Hühnchenfleisch, zum Nachtisch Gebäck in Rhabarberaspik – alles lecker – und untermalt von der Musik der Hochzeit nebenan!
 

31.7.2011
Wie nicht anders zu erwarten, wurde es eine laute, lustige und lange Hochzeitsfeier – wir konnten also erst irgendwann gegen Morgen einschlafen. Trotzdem müssen wir recht zeitig aufstehen. Schnell noch mal die Dusche nutzen und frühstücken – dann verabschieden wir uns von Polen und fahren nach Litauen.

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