Gaia-Percussion  

Reisen

Behalte das Heu. Die Zeit, es zu verwenden, wird kommen.
türkisches
Sprichwort

9.4.2022
Nach vielem Suchen haben wir einen Direktflug nach Istanbul mit der Turkish Airline gefunden. Vom Service sind wir begeistert, die Verpflegung ist super und die Reisezeit reicht gerade, um einen Film zu gucken. In einem Luftloch verteilt sich mein Bier auf der Hose des Nachbarn, der das zum Glück ganz locker nimmt. Bei unseren Reisevorbereitungen hatten wir erstaunt festgestellt, dass Istanbul einen neuen Flughafen hat. Die Google-Rezensionen übertreffen sich von der Beschreibung einer "gigantischen Stadt in sich" bis hin zu Horrorszenarien, dass die Stadt nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist - stimmt alles nicht! Der Flughafen ist schön, modern und so groß wie in vielen anderen Großstädten auch. Der Bustransfer ins Zentrum ist völlig unproblematisch und dauert 45 Minuten. Mit einer unterirdisch fahrenden Standseilbahn erreichen wir unsere Straßenbahnhaltestelle und kommen so gut und zügig zu unserem Hotel.
Unser erster Bummel durch die Stadt beginnt mit einer weniger guten Überraschung: Der Geldautomat behält meine Karte. Darum können wir uns erst am Montag kümmern, lassen keinen Frust aufkommen sondern uns Linsensuppe und einen Dönerteller schmecken, genießen das Flair und den Blick auf die beleuchteten Moscheen und Brücken.
 
10.4.2022
Natürlich ist das erste Must-Have die Hagia Sophia - immer wieder ein absoluter Kracher! Und genauso natürlich ist auch die gegenüberliegende Sultan-Ahmed-Moschee ein Hingucker. Da beides aber nicht das heutige Ziel ist, drehen wir nur eine kleine Runde duech den Park und bummeln dann durch die City zur grünen Metro-Linie.
Unterwegs haben wir unseren Spaß beim Wiedererkennen: Hier haben wir den leckeren Pudding zum Frühstück gegessen, dort Kaffee getrunken, diesen Friedhof haben wir besucht, zur Universität kamen wir von der anderen Seite, hier hab ich mir ein Kleidchen gekauft - es ist, als wären wir gerade erst hier gewesen. Kaum zu glauben, dass unser letzter Besuch schon 8 Jahre her ist.
Im Norden der Stadt, kurz vor der Fatih-Sultan-Brücke im Stadtteil Bebek, gibt es kaum noch Touristen. Die bira fabrikasi macht ihrem Namen leider keine Ehre und verkauft nur langweilige Importbiere. Danach ist das erste Highlight für uns Bier-Touristen, dass wir in einem Alkoholladen richtig gutes türkisches IPA finden. In einem kleinen Park genießen wir auf einer halbschattigen Bank bei strahlenblauem Himmel mit Blick auf den Bosporus diese kleine Stärkung.
Dabei entdecken wir schon von weitem die Rundtürme der Rumuli-Festung, spazieren dann auf kleinen Straßen durch ein Villenviertel bergab. Irgendwann stehen wir direkt vor der Burg, finden aber keinen Zugang. Kleine Trampelpfade führen nur noch ein Stückchen weiter, dann ist wirklich Schluss.
Wir müssen zurück auf die Tourimeile und bewundern von der Bospuruspromenade aus das gigantische Rumuli-Bauwerk, dessen Größe sich schwer schätzen lässt. Mit Hilfe der Google-Karte vermuten wir eine Breite von etwa 500 m.
Was ich kaum zu glauben wage, ist, dass wir direkt an der Promenade ein Craftbeer-Lokal finden. Natürlich müssen wir einkehren, trinken ein Irisches Red Ale und ein NEIPA. Dazu gibt es leckeres Futter. Mit Chicken-Nachos und Kalbfleisch auf Gemüse sind wir sehr zufrieden. Während unserer Pause sehen wir in regelmäßigen Abständen russische Gas- und Öltanker den Bosporus hinunterfahren. Außerdem sind natürlich auch die angepriesenen Kreuzfahrtschiffe und jede Menge Luxus-Jachten unterwegs.
Eine riesige Mauer, der wir am rechten Straßenrand folgen, macht uns neugierig. Ein braunes Schild weist uns zum Sheik Yahia Efendi Komplex. Wir kämpfen uns einen steilen Berg hinauf, die Touris hinter uns schwächeln auf der Hälfte. Oben ist aber alles geschlossen und bewacht, so dass wir unverrichteter Dinge umkehren müssen. Wiederum auf der Hälfte entdecken wir dann einen historischen Friedhof. Den wollten die Touris also besuchen. Die Grabsteine tragen die Kopfschmucke der Verstorbenen. Wir halten uns nicht lange hier auf und spazieren weiter. Am Ciragan-Palast wimmelt es nur so von Wachpersonal. Er ist ein Kempinski-Hotel und für Normaltouristen wie uns gibt es nur einen kurzen Blick von außen zu erhaschen. Ab dem Dolmabacepalast mit seinem berühmten Uhrenturm kennen wir uns wieder aus, steigen in die Straßenbahn und fahren zurück ins Zentrum. Auf der goldenen Barkasse am Goldenen Horn bekommt Andreas sein Fischbrötchen. Ich warte lieber auf den leckeren Honigkäse, den ich mir zum heutigen Abendessen gewünscht habe.
 
11.4.2022
Bei ungemütlichem Regenwetter beginnt unser Tag mit einer guten Nachricht in der Bank: Meine Karte hat den Streit mit dem Geldautomaten überstanden und wird uns nach Vorlage des Passes wieder ausgehändigt.
Wir lassen uns erst von dem überdachten Ägyptischen, dann vom Großen Basar locken. Natürlich wollen wir nichts kaufen, sondern einfach nur die Bauweise und Wandmalereien bewundern.
Da wir die Blaue Moschee schon kennen, verzichten wir darauf, die Schuhe für einen Besuch auszuziehen. Leider müssen wir aus selbigem Grund auch die Besichtigung der Hagia Sophia abwählen, die inzwischen ebenso als Moschee genutzt wird. Schade, ich hatte mich drauf gefreut, sie nach den Bauarbeiten anzusehen. Aber das Schuhchaos im Eingangsbereich ist mir nicht geheuer.
Mit Straßenbahn und Metro fahren wir zum Taksim-Platz, um den richtigen Weg für unseren Heimreisetag auszukundschaften. Nachdem das erledigt ist, finden ein schönes Café und ein kleines Futterstübchen, in dem die Einheimischen einkehren. Das ist wie schon so oft ein Zeichen für gutes Essen.
Weiter geht es zur Bosphorus Brauerei. Der Empfangsspruch an der Eingangstür "Push here to get beer" zeigt, dass auch in Istanbul die das Brauen mit lustigen Wort- und Sprachspielen einhergeht. Zu leckerem IPA namens Route 333 essen wir ein paar Beef-Nachos und zum Nachtisch einfach nur, weil mir der Name so gut gefällt, noch ein Biramisu.
Der Regen ist fertig und so gut gefüllt brauchen wir dringend noch einen Abendspaziergang. Durch die Beleuchtung ist auch im Dunklen alles traumhaft schön. Als wir am Goldenen Horn angekommen sind und uns gerade über den herrlichen Blick auf die Galata-Brücke und den Galataturm freuen, beginnen die Muezine der umliegenden Moscheen ihre Gesänge. Es isz einfach nur fantastisch!
 
12.4.2022
Mit dem Bus starten wir ab der Galata-Brücke, steigen am Yedikule Ghazane aus und suchen das Goldene Tor. Fündig werden wir auf einem Friedhof, über den man eigentlich gar nicht gehen kann, weil die Grabstellen so ineinander verschachtelt sind. Irgendwann treibt mich aber die Neugier und ich beginne zu klettern, was natürlich mit einem coolen Foto belohnt wird. Dann spazieren wir etwa 5 km weiter am Theodosius-Wall bis zum Panorama 1453.
Konstantinopel wurde von islamischen Truppen belagert und besiegt. Die Darstellung im Panorama wirkt durch die Schlachtengeräusche und einen 3D-Effekt (hervorgerufen durch Malerei und vorgelagertes Kriegsmaterial) verblüffend authentisch.
Mit Bahn und Metro machen wir uns auf den Weg zur Torch-Brauerei. 20 Minuten lang irren wir ergebnislos herum, befragen mehrere Passanten, die uns sehr freundlich mitteilen, dass sie leider auch keine Ahnung haben. Als wir uns gerade zur nächsten Metrostation umorientieren wollen, entdeckt Andreas plötzlich den Schriftzug CRAFT. An der Sicherheitsschleuse wird uns bestätigt, dass es hier zum Bier geht - weit und breit ist aber nichts zu sehen, bis wir endlich auf einem Innenhof voller Biergärten landen. Und einer davon gehört tatsächlich zur Torch-Brauerei. Wie wir aus dem Menu erfahren, hat sie mehrere Preise gewonnen, unter anderem den INTERNATIONAL CRAFT BEER AWARD GOLD 2021. Wir schlemmen uns durchs Bier- und Speisenangebot. Die drohenden Regenwolken stören uns gar nicht mehr. Wir bleiben sehr gern noch eine Weile hier. Es ist alles unglaublich lecker! Nachdem die schwarzen Wolken nicht mehr nur drohen, sondern es in Güssen strömt, bleiben wir natürlich noch ein Weilchen. 
Es wird schon dunkel, als wir die Metro erreichen und zurück zur Galata-Brücke fahren. Zum krönenden Abschluss des heutigen Tages lassen wir uns in die 7. Etage eines Restaurants einladen, finden hier einen schönen Fensterplatz und können mit dem wunderbaren Blick auf das Goldene Horn unser Abendbier mit einer Mint-Shisha genießen.
13.4.2022
Frühstück gibt es heute nicht im Hotel, sondern in einem hübschen Café um die Ecke. Unsere Puddingwahl ist gut gelungen und auch der Kaffee hat es in sich.
Im Topkapi-Palast schauen wir uns zuerst den Harem an, dann die Heiligen Relikte, einige gemütlich wirkende Pavillons, die Uhrenausstellung und die Waffenausstellung. Es ist alles so traumhaft schön, dass ich (wie immer) gar nicht aufhören kann zu fotografieren. Zwischendurch bummeln wir durch die Gärten, erfreuen uns am Duft der Hyazinthen und wollen uns zur Stärkung einen Sahlep gönnen. Den gibt es leider nicht und wir bekommen erklärt, dass dies eine Saisonware ist. Wir hatten uns ernsthaft gewundert, denn beim letzten Besuch waren überall fliegende Sahlep-Händler unterwegs.
Gut, dann muss es also doch wieder ein Bier werden. Wir fahren wie gestern zur Torch-Brauerei, haben diesmal natürlich keine Probleme mehr, sie zu finden.
Zum abendlichen Ausklang suchen wir uns wieder eine Shisha-Bar, in der wir endlich den Sahlep kriegen, auf den wir uns so gefreut hatten.
14.4.2022
Ich möchte mir unbedingt eine Zisterne ansehen. Die berühmteste mit dem Haupt der Medusa ist leider wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Eine weitere ist zwar für Veranstaltungen zu buchen, kann aber nicht besichtigt werden. Ein Teppichhändler beweist die zuvorkommende türkische Gastfreundschaft. Er spricht uns auf Deutsch an, ob er helfen könne und erklärt uns dann den Weg zur ältesten und einzigen römischen Zisterne der Stadt. Hier kommen wir gerade richtig, um unsere Tickets zu kaufen und uns dann von einer wunderbaren Lichtshow überraschen zu lassen.
Danach bummeln wir ziellos durch die Gassen und Basare bis uns Hunger und Durst zum Populisten treiben, einem Lokal, das zur Torch-Brauerei gehört. Wir finden es am Ausgang des Bosporusses zum Marmarameer. Übers Wasser sehen wir den Topkapi-Palast, die Hagia Sofia und die Blaue Moschee. Futter und Bier sind wieder sehr lecker.
Nun können wir problemlos den Galata-Berg erklimmen. Auch hier fasziniert uns das orientalische Flair. Es wirkt fast so, als sei hier noch mehr los, als in unserem Viertel. Da wir wirklich gut gefüllt sind, gibt es trotz der verlockenden Angebote keine weitere Einkehr; wir spazieren nur noch zurück zum Hotel.
 
15.4.2022
Auf dem ägyptischen Basar kaufen wir Sämereien für den heimischen Garten und zum Frühstück Pastirma Kaffee und Salep.
 
Dann bummeln wir weiter durch die Straßen und Gassen, bis wir dem Touristenrummel fast entflohen sind und landen im Stadtteil Fener. Es scheint ein sehr islamischer Teil zu sein. Die Frauen sind stark verschleiert, die Moscheen werden von den Männern stark frequentiert und alle Kaffeehäuser sind leer (wir vermuten wegen des Ramadans, der in anderen Stadtteilen kaum zu spüren ist). Die Pammakaristoskirche ist wegen Bauarbeiten rundum verhangen. Ich erhasche nur von weitem einen Blick über den Bauzaun.
Die Meryem Rum Ortodoks Kilisesi, eine griechisch orthodoxe Kirche, ist ein faszinierendes Bauwerk, auch hier gibt es jedoch keinen Zugang. Aus den Geräuschen schließen wir, dass sie eine Schule beherbergt, in der gerade Fußball gespielt wird.
Auf Googlemaps hatte ich den Porphyrogennetos-Palast gefunden. Ausgeschildert ist er als Tekfur-Sarayi. Es ist ein Teil der Stadtmauer, der wir auch am Dienstag schon soweit gefolgt sind. Im Museum sehen wir die typischen Rundbögen, Keramikarbeiten und Mosaike. Höhepunkt ist natürlich wieder der weite Blick auf die Mauer.
Die Chora-Kirche soll eine unglaublich schöne Innengestaltung mit Fresken und Mosaiken haben. Leider finden wir auch hier nur eine Baustelle. Schade, das enttäuscht mich jetzt wirklich. Mein mich liebender Ehemann weiß genau, wie er mich wieder aufheitern kann.
Wir fahren mit der Straßenbahn wieder zum Populisten, dem Lokal der Torch-Bauerei, in dem wir gestern einen schönen Abend verbracht haben. Schon von weitem sehen wir die riesigen Kreuzfahrtschiffe, die genau davor am Pier liegen. Das verdirbt uns natürlich den Blick ans gegenüberliegende Ufer, aber Bier und Futter sind wieder sehr lecker. Auch zu sehen, wie die riesige "Norwegian Jade" ablegt und in Richtung Marmarameer ausläuft, ist ein bemerkenswertes Erlebnis.

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