Es sollte ein schöner Urlaub werden; ich wollte meiner Freundin und ihrer Tochter "unser" Ägypten zeigen.
Die Revolution machte uns einen Strich durch die Rechnung. Wir hoffen, dass das Land seinen neuen Weg findet und wir bald wieder dorthin zurück kehren können.
4.2.2011
Mittwoch, 26.1.2011
Unsere Familie und die Freunde machen sich Sorgen wegen unserer Reisepläne – in den großen Städten Ägyptens gehen die Menschen trotz Ausgangssperre zu Zehntausenden auf die Straßen, um sich von der Mubarak-Herrschaft zu befreien. Die großen Plakate mit seinem Konterfei werden zerstört, die Polizei geht mit Tränengas und Wasserwerfer gegen die Demonstranten vor, es gab wohl schon Tote und Verletzte. Auf YouTube sehen wir Videos von den Unruhen und telefonieren mit unseren Freunden in Luxor. Die beruhigen uns aber, dass nur die nördlichen Landesteile betroffen seien – in Luxor ist alles ruhig. |
Donnerstag, 27.1.2011
Weil das Reisefieber doch wieder ein bisschen brennt, schlafen wir nur wenig; das frühe Aufstehen gelingt dennoch erstaunlich gut. Für die nächsten drei Wochen haben wir in Berlin Tegel einen recht preisgünstigen Parkplatz gebucht. Der Shuttle-Bus wartet pünktlich auf uns. Da alles wunderbar geklappt hat, sind wir eine Stunde zu früh – also drei Stunden vor Abflug – an unserem Gate und belauschen andere Touristen, die heute früh noch mit dem Auswärtigen Amt telefoniert haben. Der aktuelle Stand ist also, dass noch keine offizielle Reisewarnung ausgesprochen wurde, aber alle Ausflüge nach Kairo gecancelt worden sind. Wahrscheinlich haben wir ein bisschen Rückenwind, denn unser Flugzeug landet zwanzig Minuten früher als geplant. Obwohl wir ein Dauervisum für ein Jahr in den Pässen haben, brauchen wir ein neues Einreisevisum. Das zu kaufen geht sehr schnell; der Schalterbedienstete freut sich über unsere arabischen Brocken. Elli muss nicht lange auf uns warten. Als wir das Flughafengelände verlassen, kommt uns eine Polizeieskorte entgegen; wir beobachten, dass die schwarze Limousine „Luxor 1“ des hiesigen Gouverneurs vorfährt und schlussfolgern, dass er auf dem Weg ist, die Stadt zu verlassen. Elli hat uns ein leckeres bayrisches Willkommen-Essen vorbereitet, es gibt mayonäsefreien Kartoffel- und Gurkensalat mit Fleischküchle. Andreas kommt gerade richtig; Ellis Fernseher spricht seit heute Morgen nicht mehr mit ihr. Er kann das Problem schnell beheben; und nach einem kurzen Pläuschchen fallen wir müde ins Bett. Ans Einschlafen ist aber nicht zu denken; ich liege noch lange wach und gerade als mir die Augen zu fallen wollen, fangen die Hähne draußen an zu krähen. Wenig später beginnt der Gesang der Muezzine, der kurzzeitig die Hähne verstummen lässt. Als es hell wird, schlafe ich endlich ein. |
Freitag, 28.1.2011
Samstag, 29.1.2011
Heute Morgen erfahren
wir, dass die Unruhen, die wir gestern beobachtet haben, nur die letzten
Ausläufer der Demonstration waren. Das Gouverneursgebäude, das Gebäude
der ägyptischen Nationalbank und die Bibliothek sind zerstört. |
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Der Gang auf die Eastbank war nur wenig erfolgreich. Zuerst fällt uns auf, dass keine
Polizisten mehr da sind – alle Stationen sind unbesetzt. In Richtung des
Gouvernorats riegelt eine Armeeeinheit die Straße ab. An der
Wechselstube, die wir zielgerichtet ansteuern, sind alle Scheiben
eingeschlagen – an Geld kommt man hier nicht mehr. Wir beschließen zum
Sonesta-Hotel zu gehen, in dem wir im letzten Jahr so lange gewohnt
haben. Auf dem Weg dorthin kommt uns eine Menschenmenge entgegen, die
nach aufgebrachtem Mob aussieht. Einige Einheimische sind sofort ganz
besorgt um uns, bitten uns erst, nicht weiter zu gehen und ein paar
Minuten zu warten. Dann entscheiden wir aber doch, lieber einen anderen
Weg zu nutzen. Hier kommt uns ein Sattelschlepper der Armee entgegen und
Andreas vermutet, dass der sicher einen Panzer gebracht hat. Und
tatsächlich: vor dem Iberotel – an der Hauptkreuzung – so ziemlich
direkt am Nil – steht ein T 72, ein relativ alter russischer Panzer.
Obwohl ich viel Respekt vor dem Einsatzkommando habe, müssen wir trotzdem
wenigstens einmal fotografieren. |
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Mehr können wir nicht erledigen, fahren also mit der Fähre zurück auf die Westbank. Die erste Beruhigung ist: Elli erfüllt unsere Hoffnungen – sie hat genug Bargeld zu Hause. Es gibt auch neue Nachrichten aus Kairo. Hosni Mubarak hat den Chef der Geheimpolizei als stellvertretenden Präsidenten eingesetzt. Es wird also damit gerechnet, dass er sich bald zurück ziehen wird. Die Stadt kommt trotzdem nicht zur Ruhe – auch dort soll plündernder Mob unterwegs sein. Man fragt sich, wie es sein kann, dass 1 Million Polizisten samt ihrer Ausrüstung wie vom Erdboden verschluckt sein können. Schlimm ist, dass das Ägyptische Museum Plünderern und Randalierern zum Opfer gefallen ist. Es sollen sogar Polizisten in Uniform an diesem Treiben beteiligt gewesen sein. Die Zivilbevölkerung hat die Plünderer gestellt und eine schützende Menschenkette ums Museum gebildet. In ganz Ägypten sind alle Schulen geschlossen, sogar sämtliche Fußballspiele wurden verlegt. Die Staffs in unserem Hotel schauen sich deshalb ein Spiel von 2006 an. Ein befreundeter ägyptischer Reiseleiter ruft aus dem Süden bei Elli an. Er erzählt, dass die Kreuzfahrtschiffe in Richtung Assuan nicht anlegen dürfen. Das macht den Reisegruppen natürlich Probleme, weil die Touristen ja die Tempel besichtigen wollen. Er warnt uns, weil er meint, dass sich die Situation auch in Luxor noch verschärfen wird. Gegen Abend fällt uns auf, dass um uns herum kaum noch Lichter brennen; fast die gesamte Westbank ist dunkel. Wir verbringen die halbe Nacht auf der Terrasse; die Stimmung fühlt sich an wie die Ruhe vor dem Sturm. Es sind viele junge Männer mit ihren langen Stöcken unterwegs, die ja eigentlich für die rituellen Tänze gedacht sind – aber getanzt wird heute nirgends. Manchmal denken wir auch, ein Gewehr zu erkennen. Vor unserem Haus steht ein Mann mit einem großen Messer in der Hand. Einige Fahrzeuge sind regelmäßig unterwegs auf Patrouille-Fahrt. Unser Nachtwächter beruhigt uns. Er meint, dass Bürgerwehren gebildet wurden, weil keine Polizei mehr präsent ist. Aus der Ferne hören wir einige Schüsse; Andreas meint, dass sogar eine Maschinenpistole dabei gewesen ist. Ein Junge ist dabei, in blinder Zerstörungswut die Laternen am Ufer zu zerschlagen. Ansonsten bleibt hier aber alles ruhig, wir gehen also doch ins Bett. |
Sonntag, 30.1.2011
Montag, 31.1.2011
Dienstag, 1.2.2011
Mittwoch, 2.2.2011
Klaus ruft an. Von der deutschen Botschaft hat er die Information erhalten, dass alle Linienflüge gestrichen worden sind. Deshalb wird jetzt überlegt, ob ein gesonderter Flieger die Deutschen aus Luxor ausfliegt und das Interesse gecheckt. Die meisten Deutschen, die hier leben, wollen aber gar nicht ausreisen. Wir werden uns jetzt auf den Weg zu unserem Reisebüro machen. Weil wir immer noch keinen der versprochenen Rückrufe erhalten haben, wollen wir jetzt persönlich nachfragen, welche Möglichkeiten es für uns gibt, das Land zu verlassen. Das Reisebüro ist gar nicht besetzt – begründet wird dies damit, dass sich aktuell keine zu betreuenden Touristen in Luxor befinden. ????? Wir werden also wieder per Telefon mit den Mitarbeitern verbunden und sie versprechen auch wieder einmal, bald zurück zu rufen. In einem anderen Reisebüro erfahren wir wenigstens, dass Ellis Flugzeug morgen wie geplant starten soll. Klaus ruft wieder an. Wir sollen morgen um 10.00 Uhr am Flughafen sein, um in einer der Maschinen mitzufliegen, die von der Deutschen Botschaft organisiert werden. Und dann erhalten wir doch tatsächlich den Rückruf unseres Reisebüros allerdings wieder mit der Information, dass wir nur von Hurghada aus nach Hannover reisen könnten. Wie wir dorthin kommen, wär allerdings unser eigenes Problem. Deshalb entschließen wir uns, morgen auf die Organisation der Botschaft zu hoffen. Das könnte zwar etwas teurer werden, ist mir in dieser Situation aber lieber als ein Trip durch die Wüste. Es gibt wieder neue Nachrichten: ein Vertreter des Auswärtigen Amtes ist vor Ort und lädt heute Abend alle Deutschen zu einem Gespräch ins Winterpalace-Hotel. Er ist jung aber sehr kompetent und es gelingt ihm, viele der aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. Während dieser Veranstaltung klingeln ständig Telefone - zwar störend, aber in dieser Situation sicher durchaus verständlich. Klaus wird von Elli angerufen - sie hat Nachricht vom Reiseveranstalter und wir sollen unbedingt schnell zurück rufen. Die Nachrichten sind gut - in dem morgigen Flugzeug von Luxor nach Nürnberg sind noch 2 Plätze frei, die wir für 100 Euro Umbuchungsgebühr kriegen können - ja, das wollen wir!!!! Der nächste Anruf: ohne weitere Preisaufschläge können wir sogar noch einen Anschlussflug nach Berlin Tegel buchen - das wollen wir natürlich auch!! Nächster Anruf: in einer Dreiviertelstunde kommt unser Reiseleiter zum Hotel Winterpalace und bringt uns die neuen Tickets. Das Problem ist nun, dass wir, weil wir ohne unsere Reisekasse unterwegs sind, keine 100 Euro dabei haben, die aber gleich bezahlt werden müssen. Die Vertreter des Auswärtigen Amtes und der General Manager des Winterpalace, mit dem wir seit dem letzten Sommer auch bekannt sind, können uns leider nicht weiter helfen. Nachdem aber unsere Freunde ihre Geldbörsen geleert haben, kommen wir auf 800 Ägyptische Pfund, die vom Reiseleiter akzeptiert werden. Mir fallen so viele Steine vom Herzen, dass ich mich plötzlich federleicht fühle. Mit dem Motorboot fahren wir zurück auf die Eastbank und trinken auf Ellis Terrasse ein Abschiedsbier. Natürlich zahlen wir auch gleich unsere Schulden zurück. Beim Abschied von den Freunden lassen wir uns nicht so bewusst werden, dass wir uns diesmal vielleicht für längere Zeit nicht mehr wieder sehen. Unsere Pläne für die nächsten Monate führen uns in die verschiedensten Teile der Welt. Zum Glück gibt es das Internet, um regelmäßig in Kontakt zu bleiben. |
Donnerstag, 3.2.2011
Es funktioniert alles, wie geplant: Fahrt zum Flughafen, Flug nach Nürnberg, Weiterflug nach Berlin Tegel, Shuttle zu unserem Auto, Heimfahrt --> so sind wir von der Haustür in Luxor bis zu unserer so ziemlich genau 12 Stunden unterwegs. Das ist doch ok!! |
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